Der verwandelte Sattler-Franz

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Im Kanton Bern, nicht weit von der Hauptstadt, wohnte ein Sattler, der schlimme Franz oder auch wohl der Sattler-Franz genannt. Seine Schlauheit bestand im Betrügen, und darin hatte er es wirklich zu einer seltenen Meisterschaft gebracht. Wer mit ihm zu tun hatte, war, wie die Leute sagten, schon im Sacke oder er steckte ihn hinein bis über die Ohren.

Am meisten trieb der Franz sein böses Spiel mittels Gewerbes und Handels. Sein Fabrikat war sehr gut verziert und in allen Farben, aber von der schlechtesten Art; das Lederzeug hielt kaum vom Morgen bis zum Abend. Das wussten die Leute, welche einmal bei ihm gekauft hatten, sehr wohl, allein die meisten waren gezwungen, wieder zu ihm zurückzukehren, weil sie ihm schuldeten. Wäre den Beteiligten bloss ein einfacher Schaden daraus erwachsen, so hätten sie diesen geduldig hinnehmen können; denn Lebenserfahrungen wollen auch bezahlt sein, allein es gab Unglück verschiedener Art und zwar bedeutendes. Zugvieh wurde verwundet, sogar getötet, weil an steilen Abhängen das Geschirr zerriss.

Alles das war aber noch nichts und liess sich verschmerzen; aber da kam eines Tages des Bischofs Hofkaplan aus dem Wallis über den Grimsel geritten; Sattel und Zeug seines Maultiers hatte er ebenfalls beim Sattler-Franz gekauft. Er gelangte glücklich und wohlbehalten bis an die glatte oder sogenannte helle (schlüpfrige) Platte, da strauchelte sein Tier ein wenig, jedoch ohne zu fallen. Im nämlichen Augenblick zerrissen aber der Sattelgurt und die Steigbügelriemen; der arme geistliche Herr stürzte in die Tiefe, brach Arme, Hals und Bein, und sein Tod folgte so schnell auf den Fall, dass er nur noch Zeit hatte, seine Seele Gott zu empfehlen und den schlimmen Franz zu verwünschen.

Dieser lachte, als am zweiten Tage darauf die traurige Mähre nach Bern kam und sagte, der hochwürdige Herr sei ein schlechter Reiter gewesen; er büsse nur die eigene Schuld, er hätte an der gefährlichen Stelle absteigen sollen, - und dergleichen jämmerliches Zeug mehr. — Aber schon umkreiste ihn das Strafgericht! Am dritten Tage, abends, als er aus der Schenke nach Hause ging, wehte ein furchtbarer Sturmwind. Es war ein Brausen und Zischen, ein Heulen und Brüllen, dass man hätte meinen sollen, die Hölle habe alle Furien losgelassen. Dem Franz wurde es unheimlich zu Mute; er blickte ängstlich umher und er mochte wohl eine leise Ahnung von dem, was ihm bevorstand, haben. Denn kaum war er vor seinem Hause angelangt, so fiel ihm, während er nach dem Dache hinaufblickte, ein Ziegelstück auf den Kopf, welches ihn so stark verwundete, dass er um die Mitternachtsstunde starb.

Seit jener Zeit spukt er als Fuchs im Lande herum und hat seine Freude daran, die Landleute auf den entlegenen Höfen zu necken, ihnen, besonders im Winter, das Pferdegeschirr oder sonstiges Lederzeug aus den Stallungen fortzuschleppen und in den Höhlen und Schluchten der Hochwälder zu verbergen.

Man sagt, der Unglückliche könne nur durch einen ganz ehrlichen Sattler erlöst werden; warum dies bisher nicht geschehen, weiss man nicht.

C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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