Wenn auch öfters die wilden Männlein längere Zeit mit andern Menschen in Berührung traten, so hielten sie sich dennoch stets in einiger Entfernung von ihnen und sahen zu, dass sie rückenfrei blieben, um allenfalls davonfliehen zu können, und nur selten gelang es, eines solchen Männleins habhaft zu werden, weil sie äusserst schnell waren und für ihre Grösse auch sehr stark, so dass es schwer hielt, sie zu halten.
Doch gelang es einmal einem starken Manne in Parpan, ein wildes Männlein zu fangen. Er band es an ein Heuseil und das wilde Männlein musste ihm folgen. Es machte zwar die possierlichsten Sprünge und die verzweifeltsten Versuche zur Flucht; doch es half alles nichts, es konnte sich nicht befreien. Der Mann hielt es einige Tage gefangen, bis dann das wilde Männlein versprach, ihm, wenn er ihm die Freiheit wieder schenke, einen Rat zu geben, der ihm sehr zu statten kommen werde und wohl auch das Leben retten könne; doch bestand es darauf, er müsse es zuvor in Freiheit setzen.
Der Mann ging den Handel ein und als das wilde Männlein frei war, rief es ihm zu: „Wenn du Fleisch issest, so tue's der Länge nach zerschniden und nit der Breite, sus könntest dran ersticken", und eilte davon so schnell wie die schnellste Gemse. So zog sich der Schalk aus der Schlinge.
Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.