Vor vielen Jahren soll in der Umgegend von Zweisimmen, besonders auf dem Berge „Sattel", ein Berggeist mit Namen „Schwarzbart" gehaust haben.
Einmal ging ein Jäger auf die Gemsjagd, und da sich auf dem genannten Berge viele Gemsen aufhielten, so bestieg er denselben. Es währte auch nicht lange, so hatte er schon eine Gemse geschossen; aber auf den Knall seiner Büchse kam der Berggeist zürnend herbei und würde ihn wohl über die hohen Felswände hinuntergeworfen haben, wäre nicht der Jäger klug genug gewesen, sich, wie er meinte, seiner zu bemächtigen, indem er ihm eine Kugel in den Leib jagte. Der Berggeist war aber dadurch nicht einmal verwundet, sondern wie die Kugel durch seinen Leib hindurch war, sah man nicht einmal mehr die Stelle, wo sie hineingegangen. Stampfend vor Wut drang der riesenhafte Geist abermals auf den Jäger ein. Dieser, der gerade am Rande eines Abgrundes stand, machte einen Seitensprung und der Berggeist, welcher sich des Jägers bemächtigen wollte, stürzte mit fürchterlichem Gepolter in den tiefen Abgrund hinab. Im Herabfallen schlug es ihn an eine Felsenwand so stark an, dass das Bild von seinen Gliedmassen an dem Felsen zurückblieb. Noch jetzt ist das Bild sichtbar und der Felsen, an welchem es sich befindet, hat von ihm den Namen „Schwarzbarts Flue" erhalten.
Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.