An der ersten Brücke, die der Frenkenbach im Reigoldswyler Tale hat (Baselland), liegt ein mit Wald bedeckter Hügel, und dies ist der Platz, wo ein Weib, so oft der Mond voll ist, all nächtlich Wäsche hält.
Unreinlichen Leuten, die sich die Mühe nicht nehmen wollen, ihren Kindern die Betten frisch zu überziehen, holt sie unvermutet Windeln und Leintücher aus dem Hause, und wäscht sie ihnen blütenweiss. Dann erhält die nahe Wiese, auf der sie die weissen Laken zum Trocknen ausbreitet, wenn der Mond plötzlich über den Berg herauftritt, ein so wehendes und lebendiges Aussehen, dass jeder mit schnellem Schritt und abgewandtem Gesichte vorübereilt.
Ein Mann, der Abends noch mit den Seinen vor dem Hause sass, sah, wie dasselbe Weib mit zusammengerafften Tüchern eben zu seiner Hintertüre hinauseilen wollte. Er sprang ihr nach und erreichte sie bei jenem Buchenhügel am Bache. Hier aber überschüttete sie ihn mit solchen Strömen Wassers, dass er triefend und beschämt zu seinen Leuten zurückkam.
Sage aus Reingoldswyl, Baselland
Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 140 - 141
(Anmerkung der Einleserin -> Früher hatte man Seife und Wäsche im selben Topf gekocht: Der Äscherich wurde eingeschichtet (Holzasche, Röhrenknochen, Stroh... ) und dann darauf die Schmutzwäsche und alles lange eingeweicht und über dem Feuer gekocht. Da man die weisse Asche von Buchenholz genommen hatte, nannte man dies später hauptsächlich „Buche“ und den Vorgang „buchen“.)
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.