Der obere Teil der Waldung Maiengrün, zwischen Hägglingen und Megenwil gelegen, wird Ofeholz genannt. In Mitte desselben führen die altüblichen Fusswege auf einen hübschen Wiesenplatz; er ist ringsum mit Dornsträuchen gegen den Hochwald hin abgegrenzt. Aus dem sammetgrünen Rasen entspringt das Brünnlein des Müserifraueli oder Moosweibes.
Die Quelle ist überreichlich mit Brunnenkresse und Kuhblumen umwuchert; ein Felsblock liegt dabei, den man nach seiner Klüftigkeit für einen Ofen angesehen hat und so trägt die Waldung von ihm den Namen Ofenholz.
An diesem Brünnlein soll die mächtige Burg einer volkreichen Stadt gestanden haben, deren Mauern und Türme über den ganzen Bergrücken hinab gegangen sein sollen. Sie hiess Baumgarten. Nach ihr wird ein Teil des Dorfes Hägglingen noch die Vorstadt genannt. Man lässt sie durch einen wilden Eroberer bis auf den Grund gebrochen oder durch ein Erdbeben verschüttet werden. Aber alle diese Mauern erheben sich wieder und wachsen himmelhoch empor, wenn ein Unberufener Nachts dieses Weges geht; sie drohen ihn von allen Seiten einzuschliessen und er kommt nicht anders aus der Klemme, als indem er seine Tabakspfeife anzündet.
Auch vielerlei grosse schwarze Männer wandeln umher. Die Wiese gehört dem Moosfräueli und an der Quelle wäscht sie bei Nacht ihre Kleider. Der Wald Maiengrün aber ist Eigentum des Stifelirüters, der ihn wie sonst auch heute noch im Auftrage des Klosters Muri behütet. Zu diesem Zwecke umreitet er ihn, wendet sich hierauf nach dem Dorfe Hägglingen, wo er an einem alten Bauernhause Halt macht, sein Pferd füttert und tränkt, selber ein wenig ausruht und dann weiter hinauf ins Freienamt zieht.
Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Band 3.2, Leipzig 1962
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch