Das Dörflein Mellikon liegt im Zurzacher Bezirk, nahe am Rhein. In seinem Gemeindebann ist das wüste Teufelsloch auf der Neuburgerhalde, ein senkrecht in die Erde hinunter gehender Felstrichter, der sich nicht ausfüllen lässt. Steine, die man hinabwirft, fallen lange unvernehmbar fort, bis man ein widerhallendes Getöne aus dem Schlunde herauf hört, wie wenn sie auf grosse leere Fässer gestürzt wären. Hier war vor Zeiten der fruchtbarste Landstrich der ganzen Gegend, das Korn wuchs in solcher Fülle, dass man es bis ins Urnerland um hohes Geld ausführte. Denn unter dem Boden wohnten die Erdmännchen, Marksteine bezeichneten genau den Raum, den ihre unterirdische Stube einnahm, und je mehr sie drunten kochten, um so mehr gabs droben Wein und Frucht. Das Landstück hatte dem Geschlechte, dem es zugehörte, grossen Wohlstand gebracht, es vererbte sich als ein unveräusserliches Eigentum stets vom Vater auf den Sohn.
So kam es nachmals auch in die Hand eines zügellosen Jungen, der die Rolle des Meisters darein setzte, dass er alle seine Leute aufs zweckloseste herumhunzte und herunterhudelte. Die Erdmännchen müssen mir aus meinem Felde fort, sagte er, ich will das Gescheer nicht länger mehr so haben! In seiner Rohheit liess er jene durch Marksteine bezeichnete Ackerstelle aufbrechen und Unsäuberlichkeiten hinunterschütten.
Nun mochten die Männchen bei solchem Gestank freilich nicht mehr bleiben und wanderten aus. Aber von Stund an wurde der Acker unfruchtbar, der Boden sank ein, es bildete sich jenes Teufelsloch und der Besitzer kam an den Bettelstab.
Sage aus Mellikon
Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Band 3.1, Leipzig 1962, S. 111 - 112
Fussnote:
Die Fässer auf dem Grunde des Teufelsloches deuten auf der Zwerge Weinkeller; seit letztere ausgewandert sind, klingen auch jene hohl oder leer, und da die Zwerge nicht mehr im Boden kochen, sind statt Korn Steine gewachsen.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch