Dasselbe (Dorftier) wohnt in den dortigen Brunnmatten, läuft bis zur Waldung, kehrt dann von der Landstrasse wieder ins Dorf um und verschwindet neben der Kirche am Kirchhofe. Schon manchmal hat man seine Fusstapfen im Schnee abgespürt gesehen. Seine letzte Erscheinung hatten zwei Brüder zu bestehen. Um der krankliegenden Mutter noch etwas zu holen, mussten sie von ihrem Hause, am Holze gelegen, spät nachts nach Köllikon gehen. Die sogenannten Nachtbuben dieses Dorfes gelten als sehr händelsüchtig, um also gegen derartige Anfälle gerüstet zu sein, zogen die beiden ein paar tüchtige Knüttel aus einem Haufen Reiswellen ans, welcher neben ihrem Wege auf der Matte lag. Aber diese unförmliche Holzmasse fing an Gestalt zu bekommen, regte und bewegte sich unter ihren Händen und drohte über sie herein zu sinken. Zugleich begann ein dumpfes Schnauben, zwei Augen bildeten sich kugelrund, wie blanke zinnerne Teller, und leuchteten ihnen aus dem Dunkel entgegen. Das Dorftier wars. Jetzt galt's zu entspringen. Über Gräben und Zäune eilten die Zwei zurück zu ihrem ziemlich entfernten Wohnhause. Hier aber war die Haustüre schon verschlossen. Der Verfolger liess ihnen keine Zeit, sie mussten sich daher auf die Holzbeige flüchten, welche neben am Fenster unter das Vordach hinauf geschichtet ist. Die ganze lange Nacht hielt sie hier das Dorftier belagert, und so oft sie es wagten, wieder aufzublicken, begegneten sie den fürchterlich herauf starrenden Feueraugen. Der eine Bruder ist an den Ängsten dieser Nacht gestorben.
Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Band 3.1, Leipzig 1962
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchenstiftung.ch