Der Riedligger Brünnling

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Zu Wohlen in der Riedligger-Matte, über welche die dortigen Fabrikarbeiterinnen zum Theil ihren Heimweg nehmen müssen, war ein Feuermann, an dessen Dasein einige lustige Mädchen nicht glauben wollten. Sie giengen geflissentlich einst in später Mitternacht noch durch diese Wiese um ihn zu treffen. Als er wirklich dorten stand, riefen sie ihm mit Gelächter zu: „Chum, brünniger Ma, zünd is!“ Er näherte sich ihnen augenblicklich auf den letzten Schritt und die erschrockenen Mädchen flüchteten sich ins nächste Haus. Hier schwebte er nun vor den Fällladen der Fenster so dicht hin und her, dass diese anzubrennen drohten. Jetzt begannen die Mädchen zu flehen, er möge sich doch nur entfernen, sie wollten ihm lieber etwas beten. „Nun ja“, sagte er, „aber einen Rosenkranz!“ Sie begannen einen solchen durch alle Vaterunser und Ave Maria hindurch. Beim letzten Vaterunser war ihnen das Herz wieder leichter geworden und sie lachten unandächtig mitten über dem Gebete. Sogleich fegte der Brünnling mit erneuter Hitze an den Fenstern auf und nieder und befahl ihnen, frisch von vorne anzufangen und besser zu beten, sonst werde er nicht weiter gehen. Erst als dies geschehen war, entfernte er sich, und die Mädchen konnten aus dem fremden Hause fort in ihr Bett kommen.

E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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