Jäger Dietrich lebte vor einigen sechzig Jahren in Muridorf, und lauerte einmal in dem nahen Muriwald auf einen Fuchs. Stattdessen erschien gleich ein Hase und machte in geringer Entfernung sein Männchen. Dietrich zielte genau und schoss. Dennoch war der Hase nicht nur gefehlt, sondern wich auch nicht von der Stelle. Noch einmal lud der Jäger und noch einmal fehlte er. Verdriesslich geht er vom Stande. Nun fällt ihm ein, der Hase möchte behext sein; rasch holt er daheim Osterkohlen, mischt sie unter sein Pulver, kommt damit an die vorige Stelle zurück und noch ist der Hase da. Wieder springt er unter allerlei Männchen nur wenige Schritte vor dem Jäger über den Weg. Doch jetzt kam ein so derber Schuss, dass er über und über purzelte. Er erhebt sich aber wieder und humpelt auf drei Beinen in ein nahes Gebüsche. Dietrich läuft ihm nach und findet dort zu seinem Erstaunen eine alte Frau aus dem Dorfe, die allgemein als Hexe gefürchtet war. Sie wollte soeben ihr linkes Bein mit dem Sacktuch umwickeln. „Wie kommt denn Ihr hieher?“ fuhr sie den Dietrich an. Und dann setzte sie ganz kaltblütig hinzu: „Weil ich vorhin gefallen bin, ging ich ein wenig aus dem Wege, um mich hier zu verbinden.“ Erzürnt über eine solche Unverschämtheit liess Dietrich das Weib liegen und erzählte alles abends noch dem alten Arzte im Dorfe. Am Morgen aber fand man Dietrich tot im Bette.
Die Frau soll sich von dieser Zeit an nicht mehr mit Hexenkünsten befasst haben. Sie starb noch nicht sehr lange in hohem Alter.
E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch