Vor mehr als einem Menschenalter wohnte zu Tägerig in den letzten Häusern, die an der Landstrasse gegen Mellingen hin liegen, ein gar armer Mann. In seiner bittern Verlassenheit sagte er dem katholischen Glauben ab, ohne dass dieses sein wirklicher Vorsatz gewesen wäre, und ebenso, ohne es selbst zu wollen oder einzusehen, verschrieb er sich leichtsinnig dem Teufel. Der Schneidergeselle, der damals bei ihm zu Miethe wohnte, hat erzählt, wie dies zugegangen ist. Ein schwarzgekleideter vornehmer Herr, an dem ausser einem krummen Fusse gar nichts Auffallendes war, trat eines Tages in seine Stube. Er gab sich für den Geschäftsreisenden eines kaufmännischen Vereines von Zofingen und Basel aus, für welchen er in der katholischen Schweiz Subscribenten zu sammeln habe. Unter der Bedingung, dass man die Heiligen abschwöre, keine Messe höre, aber diejenigen Tractätlein verbreite, welche einem vom Vereine zugeschickt würden, ward einem jeden Antheilhaber ein entsprechender Wohlstand garantirt und dem Bedürftigen Unterstützung zugesagt. Der Reisende zog dabei ein Buch hervor und las daraus eine grosse Namensreihe besonders von reichen Zofinger-Geschlechtern ab, die alle längst Mitglieder dieser ausgedehnten Gesellschaft seien. Der arme Bauer merkte zwar, dass dies nur Namen von lauter Reformirten seien und kein Katholischer sich drunter finde, indessen werde, meinte er, was so vornehme Kaufherren vortheilhaft finden, auch einem gemeinen Manne behilflich sein. Und da von keiner weitern Einlage hier die Rede war, so nahm er jenes Subscribentenbuch und schrieb seinen Namen zu den anderen. Dafür bekam er sogleich zwei verschiedene Dinge in sein Haus, die er vorschriftsgemäss verwenden und behandeln musste. Das erste waren die Bildnisse sämmtlicher Mitglieder des Vereines; er musste sie zusammen in ein verschlossen gehaltenes Gemach hängen und täglich nachsehen, ob sich an keinem einzelnen Porträte etwas verändere. Denn ein solches Bild, dessen Farbe schwinde, bezeichne das dem Verein untreu werdende Mitglied, und jenes, welches gar zerreisse und verlöchere, künde des betreffenden Mitgliedes Tod an, welcher als Strafe der Untreue unausbleiblich erfolge. Zum andern bekam der Bauer ein eignes Thier ins Haus, welches der Geldschisser hiess und ebenfalls seinen eignen finstern Winkel in der Wohnung angewiesen erhielt. Wie man den Legehühnern immer ein Ei lässt, so musste man demselben alle Abende ein kleines Geldstückchen unterlegen, dann wuchs dies über Nacht zu einem ganzen Haufen gleicher Münzen an und man konnte sich alle Tage die Tasche füllen. Jedoch durfte man stets nur eine gewisse Summe und ja nicht alles zugleich dem Thiere wegnehmen, denn damit wäre dieses entkräftet worden und man hätte ihm sogleich selber nachsterben müssen.
So hielt es denn nun der Mann lange, beobachtete seinen eingegangenen Vertrag und lebte in Wohlstand. Allein späterhin erkrankte er an einem langwierigen und seltsamen Uebel, und ebenso eigenthümlich und geldfressend waren die Mittel, welche ihm die Aerzte dagegen verordneten. So musste er z. B. tagtäglich zehn Pfund Anken aufessen, also einen ganzen Marktkübel, und dazu eine Flasche Leberthran trinken. Dass diese Quantitäten wirklich täglich ins Haus geschafft wurden und des Abends regelmässig aufgebraucht waren, dies hat der Schneider selber bemerkt, der damals bei ihm in Miethe war. Allein der Kranke besserte sich nicht, er quälte sich vielmehr mit Vorwürfen, dass er von seinem alten Glauben abgefallen sei, und redete manchmal davon, wie er den ersten Tag seiner Genesung dazu anwenden werde, wieder in die katholische Dorfkirche zu gehen und eine Messe lesen zu lassen. Er kam jedoch nicht mehr aus dem Bette und entschloss sich endlich, an den Verein nach Zofingen zu schreiben und diesen um eine Pille gegen sein Leiden zu bitten. Indessen hatte man in Tägerig schon erfahren, in welchem Verhältnisse er mit den Ständlern in Zofingen stehe, man fieng deshalb die von dorther kommende Rückantwort beim Briefboten auf. Darin war dem Lädeligugger-Xaveri gemeldet, man werde ihm künftigen Freitag um drei Uhr die verlangte Pille überschicken, die so gross sein solle wie eine Bombe. Die Gemeinderäthe zerrissen hierauf diesen Brief und begaben sich am anberaumten Freitag in das Haus des Patienten. Er lag in der hintern Kammer und liess niemand zu sich herein. Sie warteten also in der Stube bis um drei Uhr; da liess sich plötzlich ein dumpfer Schlag hören, als ob in stundenweiter Entfernung ein Geschütz abgefeuert würde, und aus der Kammer her zugleich ein kurzes Geächze. Als sie hinein drangen, lag er getödtet im Bette, kein Tröpfchen Blut floss, aber Nase und Mund war zerschossen und das ganze Gesicht geschwärzt von Pulver. Zugleich sass unter der Bettstatt eine riesige Kröte und blieb so lange drunten, bis der Mann begraben war, dann marschierte sie in Gesellschaft eines unbekannten schwarzen Hundes ,der mit einem Male zum Vorschein kam, zum Haus hinaus. Nun läuft in der Häuserreihe, die nach Nesselnbach hinliegt, ein schwarzer Hund mit blutrothen Augen durch die Gasse und weicht vor niemand zurück.
E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch