Die rothe Tracht des Wild. Jägers.
Im Ober-Aargau heisst er Rotthaler und Rothenburger. Er kommt, wie der Odenwälder-Rodensteiner vom Schnellerts, bei uns von der Gletscheröde des Rotthales, welches man theils in die inneren Wildnisse der Berneralpen von Jungfrau, Breithorn und Blümlisalp, theils in das Luzerner Oberland versetzt. Seine dortigen Hauserinnen sind die Strüdelenhexen (Jahn, Kant. Bern, 321).
Der Aelpler sieht in ihnen zugleich eine Heerde verwünschter Rinder und Geisen, welche ein geisterhafter Hirte übers Gebirge treibt. Ihre Augen sind feurig, ihr Rumpf verdreht, ihre Glocken klingeln. Henne, Schweiz. Blätter. 1850, 1.
Rötler heisst No. 108 der Hochwald, über welchen die Kutsche des W. Heeres hinfährt. Maria und Rothenburg! war das Feldgeschret der Luzerner in der Schlacht bet Vilmergen 1656, in welcher das Heer der reformirten Berner geschlagen wurde. Bern. Neujahrs-Bl. 1851, 13.
Vom Luzerner Pilatusberge her kommt er mit dreibeinigen rothen Hunden. Kas. Pfyffer, Luzern. Gesch. 1, 320. Seine und seiner Begleitung Farbe und Tracht weist auf Donars und Wuotans Rothhaar und Rothbart. Grani, Rothgrani, Rothbart ist ausdrücklich Odhinns Beiname. Myth. 1206. In unserer Sammlung No. 143 trägt er ein langes rothes Wamms, darüber einen langschwänzigen Grünrock, ein rothes Leibchen (Jacke).
Der Sarg des „nächtlichen Leichenzuges bei Seon“, Abth. III., No. 100 ist mit einem rothen Bahrtuche gedeckt, seine Träger sind rothstrümpfig, die beiden Pfarrer rothhutig. Sogar der Zurzacher-Strassenhund No. 265, a. hat rothe Strümpfe an. Das Geistermädchen No. 181, e. hat ein rothes Fürtuch, die Alrune No. 268 einen blutrothen Kamm; der Reiter No. 155 einen rothen Federbusch. In rothe Unterröcke hüllt das Landvolk noch die Fieberkranken und Gebärenden, und diese Röcke nennt man auf dem Schwarzwalde Heidentschöpen, von franz. jupon. Beschädigte Glieder umwickelt man mit rothem Faden; die rothe Waldschnecke ist heilkräftig. Eine rothe Sau mit grünen Augen spukt im Wallis hinter dem Stadthaus zu Sitten. Henne, Schweiz. Bl. 1833. Das Geisterschwein mit rasselnden Borsten hat eine blutunterlaufene Haut, No. 94.
Die Füsse des Geistervögleins von Kyburg sind blutroth. Alp.-Ros. 1812, 289. Die Margaretha Maultasch reitet in Klagenfurth um den Stadtbrunnen auf dunkelrothem Pferde. Grimm, DS. 2, No. 502. Ein rother Ritter mit rothem Helmbusch auf rothem Rosse ist der Rodensteiner im Odenberge. I. Wolf, Rodensteiner und Schnellerts, S. 9. Der Wetterauer W. Jäger kommt in einem „reatzeruure" (rässrothen) Mantel. Firmenich, Völkerstim. 2, 101. Der heiratslustige Teufel freit eine Rothenburgerinn. Schöppner, bayr. Sag. 1, 377.
Von zwei Geisterheeren, das eine weiss, das andere ganz roth, erzählt die Legende des XIII. Jh. Stöber, Elsass. Sag. No. 114. Rothenburger heisst der Frickthaler Pfarrer, welcher den Jäger Kinzhalden-Joggeli beerdigt, Abthl. III., No. 150. Das rothe Tüchlein No. 121 duldet es nicht, dass man mit dem Stocke darnach schlage. Das Rötheli rubecula, ist geheiligt; wo es baut, schlägt der Blitz nicht ein. Fuchs und Eichhörnchen sind von bedeutsamem Angang. Der erstere erscheint feuerschnaubend (Abthl. VIII., No. 333), das letztere erscheint zugleich mit Donars geheiligtem Bären an derjenigen Wald-Stelle, an welcher sodann vom Zähringer-Berchtold die Stadt Bern gebaut wird. Die in der Farbe des Gottes schimmernde Vogelbeere und Erdbeere hat der Aberglaube mit eignen Bräuchen umgeben, der Bündnername Buddlergräufle (Preiselbeere), die Raffausle (im Glarus Name der Alpenrose) erinnern an das Fest der Grauflete, das dem Wuotan im Schwyzer Muotathal gefeiert wurde und wird.
die rothe lüt hend siba hüt,
sechsmol meh, as ander lüt.
Appenz. Spruch, Tobler 27 a. - Rothhaarige Leute sind „von Gott“ gezeichnet, Meier, schwäb. Sagen 2, pag. 507.
Zum Rothen Schuh heissen einige Häuser und über ihnen gelegene Bergflächen bei Gersau am Vierwaldstätter-See, dorten spielt die Sage vom Kindlismord. Meyer- Knonau, Schweiz. Erdkunde 1, 330. Zum Rothen Männel sind in Strassburg und Kolmar die Wirthshäuser geschildet, auch trägt sonst am Lande dorten manche Schenke denselben Namen. Jetzt liegt dies rothe Männlein unter dem Strassb. Münsterthurm begraben, während es sonst das „Reuterlein auf der Säule" war, das mit krausem Haar und rothem Röcklein auf einem weissen Pferde sitzend, am Münster den Fremden zum Wahrzeichen gewiesen worden ist. Stöber, Elsass Sag. No. 325 und pag. 475.
Merkwürdig stimmt damit auch die Tracht des Japanesischen Teufels überein; W. Heine, Wanderskizzen auf einer Fahrt nach Japan (Allgem. Augsb. Zeitg. 1854, No. 249) sieht ein Kapellenbild, auf dem alle bei dem Hexengastmahl aufwartenden Unterteufelchen grün sind und rothe Haare haben.
Viele Ortschaften und Gegenden, die nach dem Rodensteiner, Rothenburger, Rotthaler u. s. w. benannt sind, verzeichnet Menzel, Odin pag. 272 pag. ff.
Grüne Farbe der Geister.
Der Grünhütler ist ein Alpengespenst in Graubünden. So oft er Nachts an die Thüre einer Sennerhütte klopft, wird morgens darauf die ganze Alp mit Schnee überdeckt sein. Leonhardi, Bündner-Vierteljahrsschrift 1852, 23.
Aargauisch bezeichnet der Grüne, der Grünrock den Teufel, Abthl. IX., No. 417. Unter wohllautender sanfter Musik erscheint das Glücksheer, mit dem Zuge der Reiter und Hunde. Alsdann ist der W. Jäger auch der Grünrock (vgl. Abth. III, No. 94, Lochluegenjäger), der Thierbändiger, dessen Hunde so zahm sind, daß sie dem Köhler von Liebegg vertraut das Brod aus der Hand fressen. (Abthl. III, No. 99. Sodbrunnen der Römerstadt Lorenz.) Ebenda ist er auch in Rübeli (grüner Halbsammet) gekleidet. So ist auch die Schürze des Breitsee-Maideli grün, Abth. III, No. 127. Um Luzern sind die Hornbläser der W. Jagd grün kostümirt. Kas. Pfyffer, Luzern. Gesch. 1, S. 320. Aus dem Zuge des W. Heeres fällt ein grüner Schuh herab. Kuhn, nordd. Sag. S. 478. Baaders bad. Sag., No. 254 heben nicht minder die grünen Pantoffeln hervor, welche ein umgehender Ammann trägt. - Ueber die Grüne Tracht der Zwerge handelt No. 205, Anmerkung.
Schwarz und weisse Geister.
Die helende und bergende Göttin heisst Hel, sie ist halb weiss, halb schwarz. Sie fällt ursprünglich gewiss mit der Erdgöttin Jördh zusammen. So erklärt sich dann ihre Zweifarbigkeit, da die Erde die lichte Oberwelt und die schwarze Unterwelt zugleich umfasst. Wie die Jördh später ausschliesslich das grüne heitere Erdenleben vertrat, so Hel das bleiche und traurige. Weinhold, deutsche Frauen, 29, 30.
Die wichtigste Figur, welche in der neu gewonnenen Sage übrig ist von dieser schwarz-weissen Unterweltsgöttin, ist die Frau Held und Wehld (Panzer, bayr. Sag. 1, 186) mit ihren beiden Schwestern, welche als Norne des Walfeldes zugleich den Namen unserer Bructerer Jungfrau, der prophetischen Veleda wiederholt. Letztere, die sich dem jungfräulichen Stande ergeben hatte, an den Unsterblichkeit und Schicksalswissen geknüpft war, war dem Volke selber ein siegskündendes Schildmädchen der Walstatt und hiess lebend schon so, wie sie einst unter Odhinns Schwanjungfrauen genannt werden sollte.
„Elsternfarbig“, halbweiss und halbschwarz, halb zum Leben, halb zum Tode führend ist die deutsche Walküre, die antike Furia, die Aphrodite Melanis, endlich das Marienbild. Myth. 289. In unserer Sammlung scheint die Versicherung lächerlich zu lauten: Man fürchte den umgehenden Schaffner in Castelen, No. 326, nicht mehr, denn er trage neuerlich schon weisse Hosen. Diese Doppelfarbe hat er aber gemein mit dem Schimmel-Reiter im schwarzen Mantel, No. 161; mit den Ferkeln der W. Jagd, No. 85, die sämmtlich von scheckiger Race sind, vorne schwarz und hinten weiss; (weiss und schwarze Katzen sind die Jungen des Lütwiler Dorfthieres, No. 86) mit dem Feldmesser Trog in der weissen Zipfelkappe, No. 328; mit dem Pfaffen von Murg, der tiefschwarz erscheint, aber doch ein schneeweisses Leichen-Gesicht zeigt; mit dem Schwarzen, der eine weisse Hemdkrause blicken lässt, No. 263. So sitzt Matthias Pagels auf Rügen, wegen Meineid und Urkundenfälschung verwünscht, mit grauem Rock und weisser Mütze auf einer hohen Buche. „Pagels mit de witte Mütz, wo koold und hoch ist din Sitz!" Arndt, Märchen 1, 249. Temme, Volks-S. von Pommern, 267.
So ist auch der heidnische Held Feirefiz elsternfarbig, wie ihn Wolfram im Parzival nennt, weil ihn sein Heidenthum zur Hölle, seine Ritterbravheit gleichzeitig zum Himmel hinzieht. Und so ist alles Schwankende und Unentschiedene des Charakters uns noch von gemischter Farbe, grau, vornen hui, hinten pfui.
Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 212
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch