Die Wölfe und die Hirsche

Land: Tschechien
Kategorie: Fabel/Tiermärchen

Einst trafen sich am Ufer eines Flusses die Wölfe der ganzen Gegend. Sie kamen in ganzen Rudeln, sogar der Graue Wolf, der Griesgram, war gekommen.
Als erstes sangen sie ihre lang gedehnten Lieder in Ruhe und Ordnung, aber nach und nach wurde eine so schlimme Musik daraus, dass die anderen Tiere des Waldes wie von Sinnen über Stock und Stein liefen, um nichts mehr davon zu hören. Die Fische verkrochen sich unter Sand und Steinen, aber die Lachse flüchteten stromaufwärts um dem Geschrei am Ufer zu entgehen und es heisst, dass der Lachs es erst damals gelernt hat, über Stromschnellen zu springen.
Nicht einmal die Sonne wollte das Geheule der Wölfe hören. Sie mummelte sich bis zum Kinn hinaus in rosige Abendwolken, denn auch sie wollte Ruhe haben. Dafür kam der neugierige Mond über die Wipfel der Tannen und die Wölfe verdoppelten gleich ihre Anstrengungen.
Schliesslich war die Meute heiser geworden und wie das bei derartigen Zusammenkünften ist, fingen sie schliesslich an, längst vergessene Heldengeschichten zu erzählen. Manch alter Wolf zeigte den jungen Wölflein seine alten Narben von ruhmreichen Kämpfen. So sassen sie lange, bis der Nebel über dem Fluss aufstieg.
Um diese Zeit kamen die Hirsche ans andere Ufer. Der Wind trug die Worte der Wolfsgeschichten an ihre Ohren, und als sie hörten, was die alten Wölfe alles erzählten, mussten einige von ihnen laut herauslachen.
Schliesslich lachten sie immer lauter, bis eine Stimme über den Fluss rief: «Wer wagt es, die tapferen Wölfe zu verhöhnen?» Da mussten die Hirsche noch mehr lachen, und die Wölfe warteten vergebens auf eine Antwort.
Da der Nebel sehr dicht war, hatten die Hirsche keine Angst vor den Wölfen, doch da dämmerte es langsam und als die Sonne kam, war es mit dem Nebel vorbei.
«Hallo Hirsche», riefen da die Wölfe, als sie ihr Gegenüber sehen konnten. «Ihr könnt ja noch nicht einmal richtig lachen. Ha ha ha!» Dabei fletschten sie die Zähne, dass sich die Sonne darin spiegelte.
«Jetzt wir», schrieen die Hirsche: «Hm hmhm, hm... »
Dieses unterdrückte Lachen bei geschlossenem Kiefer reizte die Wölfe noch mehr zum Spott: «Ha ha ha! Wenn ihr lachen wollt, müsst ihr die Mäuler aufreissen!»
Und als die Hirsche ihre Mäuler ein wenig aufmachten, sahen die Wölfe, dass das Gebiss ihrer Widersacher sehr dürftig war. Bei dem Gedanken an die sichere Beute lief ihnen das Wasser im Munde zusammen. Sie sprangen in den Fluss und schwammen ans andere Ufer. Die Hirsche stoben nach allen Richtungen auseinander, aber die Wolfsmeute blieb ihnen auf den Fersen und verfolgt sie bis heute.

Fassung Djamila Jaenike, nach, H. Weisovà-Tomamovà,Tiermärchen, Hanau 1999

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)