Geistermauer auf der Eck

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Der Fussweg, der von Hecken nach Hornussen geht, führt über einen geringen Berg, auf dessen Höhe schon manche Leute eine ganze Geisterschaar erblickt haben. Als einst ein Mann von Sulz hier auf der Eck ankam, schien eine schwarze Mauer in weitem Umkreis den Weg zu umziehen, und bei jedem Schritte vorwärts ihn immer mehr und mehr einzuengen. Er kam darüber so von Sinnen, dass er über den Hügel Murbis durch wildestes Gestrüppe und Dornenwerk hinab gerieth und plötzlich sich auf einem Strohdach fand, auf welches er unbegreiflicherweise gekommen war.

Ein alter Mann von Uecken, der nach Betzeit ebenfalls über die Eck heim wollte, wurde gleichfalls bald von jenen Geistern auf dem Felde umher gejagt, bald von jener furchtbaren Mauer eingeengt und gequält. Als er im Morgengrauen endlich heimgefunden hatte, vermochte er seine Leute nicht einmal mehr zu grüssen, er wälzte sich auf dem Stubenboden bis zum Hühnergitter, und biss ein hölzernes Stenglein dran entzwei. Die Seinen erschraken, sie rissen ihm den Rock auf und schmissen alle seine Kleider vor das Haus unter die Dachrinne. Sowie er entkleidet war, konnte er wieder aufstehen und sprach: Der Teufel hat mich furchtbar gewürgt; er sass mir in der Rocktasche; gebt mir nur schnell Brod zu essen!

Ein anderer Frickthaler-Bauer hatte sich von Hornussen Nachts um zwei Uhr auf den Weg gemacht, um andern Tags bei Zeiten im Stifte zu Schönenwerth seine österliche Andacht zu verrichten. Sein nächster Weg führte ihn über die Eck. In dieser ihm wohlbekannten Gegend verirrte er sich gänzlich, lief bis in die Gegend Weid, suchte da die Richtung nach Herznach einzuschlagen, kreuzte aber seinen vorigen Irrweg noch einmal und gerieth gegen seinen Plan durch die Waldung Buhalde hinab; da aber sah er zu seiner Verwunderung sein Dorf wieder vor sich liegen. Nun war's bald Messezeit und nach Schönenwerth lange zu spät. So weit hatte ihn der höllische Feind herumgeritten.

Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 173

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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