Am Weihnachtsabend legte sich ein junges fremdes Kätzchen vor das Fenster eines Hauses in Reinach, dessen Bewohner Matthise genannt wurden. Sie liessen das verlaufene Thierchen aus der Kälte herein und gaben ihm ein Stückchen Fleisch vom Essen, bei dem sie gerade als am heiligen Abend fröhlich beisammen sassen. Aber damit hatten sich diese Leute einen Kobold ins Haus geschafft, dessen sie nun sieben ganzer Jahre nicht mehr los werden konnten. Mit dem einen Mädchen der Familie lebte das Thierchen zwar in gar vertraulicher Art, schlief bei ihm, lief mit ihm zur Feldarbeit hinaus und war, wo dasselbe gieng und stand, zugegen auf eine oft wundersame Weise; um so unleidlicher und boshafter aber that es gegen alle übrigen Hausbewohner; es machte so vielerlei Streiche, dass man die verschriene Katze bald überall nur als das Matthisethier kannte.
So oft man buck, fand sich wenigstens ein Brodlaib bis auf die blosse Rinde ausgefressen; fingerweise war der Honighafen ausgestrichen und die schönste Wäsche im Schranke war sicherlich nicht mehr sauber, wenn man gerade ein Stück für den nächsten Feiertag heraus nehmen wollte. Da war denn die Hausfrau immer in Verlegenheit, die heilige Zeit entweder durch Waschen, oder gar durch Aufbreiten eines unsäuberlichen Tischtuches entweihen zu sollen. Lieber wusch sie dann manchmal noch die ganze Nacht durch. Aber auch dies zog ihr neuen Verdruss zu. Sie wurde in ihrem unzeitigen Hausfleisse entdeckt und nach der Strenge des frühern Brauches alsbald vor das Sittengericht geladen. Darüber schämte sie sich gar sehr; da sie jedoch bei ihrer nächtlichen Wäscherei unmöglich von Jemand hatte gesehen werden können, so bestand sie einmal vor Gericht darauf, dass man ihr auch den wiederholten heimlichen Angeber nenne. Man meldete ihr den Namen eines schon lange verrufenen Weibes und entliess sie mit einer geringen Busse. Wer hätte denken sollen, dass eben dieses schlecht beleumdete Weib und jenes Matthisethier eine und dieselbe Person seien. Aber jetzt erwies es sich. Denn bald darauf wurde die böse Angeberin wegen allerlei Zaubers verhaftet, und da sie noch mehr gestand, als man nur vermuthet hatte, so führte man sie aufs Schloss Lenzburg zum Berner-Landvogt, der sie als Hexe verbrennen liess. Da hörte aller Unfug im Reinacher Hause auf.
Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 154
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.