Auf einer Höhe des Lindenberges im Freienamte, welche der Guggernollen heisst, wohnt das Anneli, deren klagender Gesang immer Wetteränderung ankündigt; tiefer an demselben Berge liegt oberhalb dem Dorfe Buttwil der Wald Gausserhölzli, und auch ihn bewohnt ein ähnliches Wesen, das man nach seiner wehklagenden (gauzenden) Stimme das Gausserweiblein heisst. Nach einer unter dem katholischen Volke jener Gegend, namentlich um Bünzen und Althäusern lebenden Prophezeiung rufen diese Stimmen zum letzten male, wenn einst hier der letzte Kampf um Glauben und Freiheit ausgefochten werden soll. Dann wird man den ganzen weiten Lindenberg in der Morgensonne von den Bajonetten der Bernerbieter (d. h. der Reformirten) erglänzen sehen, als ob ein Eisenhag ums Land geflochten wäre. Die Männer gehen dann zum Kampfe, Weib und Kind aber braucht nur so weit zu fliehen, als man an einem Laib Brod zu essen hat.
In der Umgegend vom Dorfe Lütwil heisst ein Waldplatz Gugenrain. Hier wohnt das Gugenrain-Babeli, die man zwar für eine Kindsmörderin hält, sonst aber keineswegs scheut. Sie begegnet den Kindern, die Erdbeeren und Brombeeren im Walde suchen und zeigt dadurch zugleich den kommenden Witterungswechsel an. Nicht weit von ihr ist ein ähnlicher Waldplatz gelegen, welchen das Bachthal-Anneli bewohnt, vgl. „Das Bachmaidli zu Seon“.
Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 147
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.