Mehrere Nachtbuben wollten sich zusammen den landesüblichen Spass machen, jenes Nachtgelärme zu veranstalten, das man mit Peitschen, Ketten und Schellen um die Häuser bekannter Familien erhebt und wobei namentlich die erwachsenen Mädchen unsanft aus ihrem Schlafe durch maskierte Liebhaber aufgeweckt werden. Man nennt dies im Freienamte und dem benachbarten Luzernerlande das Streggelenjagen.
Die Meerenschwander-Bursche sammelten sich in der Nacht des Fraufastenmittwochs vor Ostern, wohlversehen mit lärmenden Instrumenten an einem Lebhag, der zum Baumgarten eines ihnen bekannten Hauses gehörte und fingen an, dieser Hecke entlang gegen das Wohnhaus hin ihren tollen Lauf zu machen. Diesmal aber war es auch auf einen ihrer eigenen Gesellschaft mitabgesehen; der Jörri (Georg), dessen schwacher Verstand sonst schon zu lachen gegeben hatte, sollte bei dieser Gelegenheit in Schrecken gesetzt und nachher zur Dorf-Anekdote gemacht werden.
Sie stellten ihn deshalb allein an eine offene Lücke jenes Lebhages, an dem sie herunterjagten, und gaben ihm einen offenen Sack in die Hand, in welchem sich die gejagte Streggelen fangen sollte. Alsbald sprang eine gehetzte Katze gegen ihn aus der Hecke und fing sich im offenen Sacke. Dieser wurde zugebunden, mit Hülfe der Übrigen dem Jörri aufgeachselt, in sein Haus getragen und dorten in der Wohnstube abgestellt. Hier schwoll nun der Sack höher und höher auf; endlich platzte und sprang er in jeder Naht, und ein Ungetüm, welches daraus hervor kam, füllte immer breiter anwachsend alle Räume der Stube aus. Nun musste man die Kapuziner von Bremgarten zu Hilfe holen, die das Tier beschwören und das Haus von ihm befreien sollten. Sie brachten es mit geweihtem Oel, Salz, Wasser und Wachs unter vielen Gebeten dahin, dass das Tier wieder zu einer gewöhnlichen schwarzen Katze zusammenschrumpfte und zum Hause hinaussprang.
Die Burschen, die sich diesen Unfug erlaubt hatten, erkrankten zusammen, einige so schwer, dass sie starben; der Jörri aber, der von ihrem Anschlage nichts gewusst und nichts verstanden, kam mit heiler Haut davon.
Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 94
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