Rothe Augenlieder

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Alle Hexen sind triefäugig und haben rothe entzündete Augenlieder; sie haben dies schon von ihren Müttern ererbt, die gleichfalls Zauberei getrieben haben, und pflanzen es eben so wieder auf ihre Kinder fort. Im J. 1798 plünderten die Franzosen im Freienamte. Dies machten sich einzelne Gemeinden aus der angrenzenden Landschaft zu Nutz und stahlen nebenher unbestraft mit. So kam in das bereits ausgeraubte katholische Dorf Hägglingen ein Mann aus dem reformierten Dorfe Othmarsingen in gleicher Absicht und drang in die dortige Kirche ein. Als er hier alles schon fortgeschleppt und geleert fand, stach er aus Wuth einem Muttergottesbilde auf einem Altar die Augen aus. Es sind ihm darauf bei Lebzeiten noch die Augen aus dem Kopfe gefault, und seine Nachkommen haben bis auf diesen Tag rothe Augenlieder.

Diejenigen, welche den Apfelbaum an der Sarmenstorfer Einsiedelei umhauen, werden mit einer Augenkrankheit heimgesucht; der Frevler am Muttergottesbilde hat Nachkommen, deren Augenlieder entzündet sind. Von dem feurigen Blick der Weisen Weiber, der sich dann zur Triefäugigkeit und zum Schielen erniedrigt, ist Abthl. IX die Rede.

Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 81

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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