Unterhalb Klingnau muss man gleich am Bildstöckli den Fussweg einschlagen, wenn man in die Machnau und dort über die Aare will. Jetzt freilich ist die Fähre weiter unten, in der Au. Vor hundert Jahren aber war die grosse Kiesbank noch nicht aufgeworfen, die den Strom nun in zwei Arme theilt, und man fuhr damals gleich von der Machnau aus über ins Kirchspieler-Feld.
Deswegen hatten sich hier die zwei Fehren von Klingnau ein Häuschen hergebaut, um gegen Wetter und Nachtfrost geschützt zu sein. Und so sassen und plauderten sie einmal am Weihnachtsabend, als es zwischen sieben und acht Uhr dringlich ans Haus klopfte. Da sie öffneten, erschraken sie nicht wenig über einen ganz feurigen Mann, der augenblicklich über die Aare gesetzt zu werden verlangte. Doch sie wussten, dass man auch den bösen Geistern nichts abschlagen dürfe, weil es gerade Weihnachten sei, wo jene dem Orte ihrer früheren Verbrechen wieder zulaufen müssen; beide traten also in den Weidling und ruderten hinüber. Es gieng auch so schnell, dass sie kaum nachdenken konnten, ob der Gast ihnen nicht Löcher ins Schiff brenne, und schon stand er jenseits draussen.
Alle drei sind wir verloren, sagte er ihnen vom Ufer aus, wenn ihr nicht Schlag acht Uhr hier seid, um mich wieder hinüber zu nehmen. Dann verschwand er im Leuggener-Hardwalde. Den Fehren war's schlimm zu Muthe; doch was wollten sie machen? Punkt acht Uhr hielten sie also am jenseitigen Bord, und sogleich war er wieder in den Weidling hinein gekommen, sie wussten nicht wie. Auf der Machnauer- Seite dankte er und bot ihnen die Hand zum Abschied. Der nächststehende Fehre durfte sie ihm vor Angst nicht geben, sein Kamerad aber war gefasster und reichte ihm statt der Hand die Schwibele (zweigriffigen Stiel) seiner Schalte hin. Der Feurige berührte sie und im Augenblicke war sie bis zuunterst glühend. Schnell steckte man sie ins Wasser und löschte; indessen war der brennende Mann ausgestiegen und flackerte schon dem öden Giriz zu.
Die beiden Fehren von Klingnau haben zum Andenken an jene Weihnachten die Schalte aufbewahrt und ihren Kindern vererbt; und die ältesten Bürger des Städtchens behaupten heute noch, dass sie dieselbe gesehen und genau die Finger des Brünnlig in der Schwibele gezählt haben.
Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 46
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.