Im Hitzkircherthale, zwischen dem Aargauischen Hallwiler-See und dem Luzernischen Baldegger-See gelegen, erblickte man früher eine ganze Reihe von Burgen, die Schlösser Ober-Rheinach, Baldegg, Reichensee, Lieli und Heidegg. Aber diese hübschen Rittersitze wurden zusammen in den Kriegsunruhen verwüstet und gebrochen, welche zwischen den Luzernern und dem Hemmann von Grünenberg im J. 1386 über Verschiedene Zoll- und Grenzstreitigkeiten ausgebrochen waren. Als Reichensee und Baldegg von den Flammen schon verzehrt waren, wollte der Feind der noch übrigen letzten Burg, der Heidegg, das gleiche Loos bereiten. Auf ihr wohnte damals eine besonders fromme und mildthätige Edelfrau, Namens Bertha. Sie war schon Wittwe und hatte nur ein einziges Kind. Zitternd für dessen Leben, gelobte sie beim Herannahen des Feindes, der Mutter Gottes eine Kapelle zu stiften. Als nun die Krieger die Burg Lieli zerstört hatten, kamen sie durch den dichten Wald unter dem Klotisberg herangezogen und stürmten gegen den Hügel, auf welchem Heidegg steht. Alsobald aber verhüllte sich die ganze Gegend in einen so undurchdringlichen Nebel, und der Dünkelbach, welcher am Schlosse herabfliesst, begann dergestalt anzuschwellen und zu rauschen, daß der Feind in Finsterniss und Wasserlärm vom Pfade abkam, in den reissenden Bach stürzte und in dessen Fluthen dem Baldegger-See zugeschwemmt wurde. Diejenigen, welche entrannen, haben erst auf dem Rücken des Lindenberges, auf der obern Jllnau, sich wieder zurecht finden können. So ist das Schloß verschont geblieben; aus schuldiger Dankbarkeit wurde alsdann von der Burgfrau die Kapelle erbaut, welche jetzt noch neben dem Schlosse steht und die Aufschrift trägt: ProcuI estote profani!
Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch