D’heilig Eich
Uf dr Horbeweid isch vor alte Zite e heiligi Eich gstange; mi Grossmuetter het mer albe no dervo brichtet; mi het ere d’heilig Eich gseit; aber’s Plätzli, wo sie gstangen isch, chönnt i nid zeige. Do isch alben en Opferstätt gsi.
Später hei du die junge Lüt bir heilig Eich Luschtbarkeite gha; aber d’Bihörde hei das verbote.
Öppe no vor hundert Johre isch do alls Weid gsi. I ma mi no sälber drabsinne, dass es alts Schürli do gstangen isch. U d’Grossmuetter het gseit, no zu ihrne Zite sig e grossi Schärmtanne do gsi. Vierzäh Tag lang heig eine e Grabe drum ume gmacht, für se-n-umzmache. Du sig er drus; äs sig ihm verleidet.
Schon eine vorausgegangene Sage zeigte, wie die Eiche im Volksglauben eine besondere Stellung einnimmt. Sie genoss Verehrung, weil sie Donars Baum war. War aber auch „d’heilig Eich“ zu Gondiswil Gegenstand heidnisch-kultischen Wesens? Der Erzähler, ein alter freundlicher Mann, der viel gelesen hat und über ein seltenes Wissen verfügt, glaubt das. Es kann aber auch sein, dass sich unter dem Baume das Bild eines Heiligen befand, das der Eiche den Namen gab. Aber es ist keineswegs ausgeschlossen, dass der Name noch weiter zurückreicht. Es gab Eichen, die Gegenstand kultischer Verehrung waren, wie es das Beispiel der Donarseiche bei Geismar zeigt, die der hl. Bonifatius i. J. 725 fällte. Und an vielen Orten schlug die Kirche noch einen besondern Weg ein, um die Heiden mit dem Christentum auszusöhnen; in der Nähe der heiligen Eichen liess sie Kapellen bauen, und unter dem Baume, der dem heidnischen Gott geweiht war, liessen christliche Priester Bilder von Heiligen anbringen und setzten so, dem menschlichen Denken und Wesen weise Rechnung tragend, Christliches an die Stelle des alten Heidnischen.
M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.