’s Fraueli bi dr Lushütte
Äs isch amene schöne Tag gsi; d’War het gweidet, u d’Zimmermanne hei a dr Lushütte öppis umegmacht.
’s Mittagässe isch nohe gsi. Sie hei ’s Wärchgschir abgleit u si vo dr Arbeit furt. Ume dr Meischter het no diesersch u äis welle noheluege. Plötzlig isch es Fraueli derhar cho; es wüeschts, wüeschts Fraueli sig es gsi, u het gfrogt wie spät es sig.
Derno isch dr Meischter zu den angere go ge hocke u frogt: „U de, wie het ech jetz das Meitschi gfalle?“
„Was für nes Meitschi?“
„Jetz tüet dergliche. He, das Fraueli, wo vori düren isch.“
„Äs isch doch niemer düre.“
„Wohl isch es Fraueli düre“, seit er u het’s bischriebe. Die angere hei nüt gseh gha. Dr Hirt het zueglost u bis do gschwiege. Druf seit er: „I weiss scho, was das für nes Fraueli isch. Mir wei de mache, dass mer z’Schärme chöme.“
Drufabe het dr Meischter no gseh‚ wie’s am Zun no hingere geiht u ghört, wie’s de Guschti chöttet.
Gli druf het si dr Himmel uberzoge. Dr Wätterluft het d’Tannen erhudlet. Eismols het’s afo donnere u wättere, dass es isch e Grus gsi.
Das Dämonische, das die Wetterdämonen kennzeichnet, tritt besonders beim Fraueli in Erscheinung, das bei der Lushütte vorbeigeht. Fremde Vorstellungen fliessen aber auch wieder in sein Wesen hinein. Es stellt die verfänglichen Rätselfragen; es sucht die Gusti ins Verderben zu locken; am Ende bricht der Sturm los, sein eigentliches Wesen kündend. Andere der vorausgehenden Sagen mögen ihren Ursprung ganz aus dem Seelenglauben herleiten; wie ich eingangs andeutete, ist es schwer, die Erscheinungen, die nur mit kurzen, wenigen Zügen gezeichnet sind, an die richtige Stelle zu rücken.
Aber der Seelenglaube verbindet sich doch eng mit Vorstellungen, die aus dem Erlebnis des Sturmes herleiten. Als Hauch entflieht die Seele; der letzte Atemzug, der dem Sterbenden entfloh und sich dem ängstlich Beobachtenden als Wölklein in der kalten Luft des Zimmers bemerkbar machen konnte, wurde als die entweichende Seele betrachtet. Man öffnet die Fenster; man leert Flaschen und Gläser, in denen sich die Seele verstecken könnte; auf ihrem Weg darf sie auf kein Hindernis stossen; sie geht in die Luft über und vereinigt sich mit den andern Seelen, die ruhelos im Winde dahinziehen. „D’Luft isch voll vo Geischter; we me se ums gsäch! Sie hei chum Platz näbenangere.“ - „Atem und Seele, Wolken und Wind sind verwandte Dinge.“ Im Winde fahren die Seelen dahin; besondere Erregung aber erzeugt die Seele Erhängter.
M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.