Vom alte Sigerischt
Vor Johre het me bi dr Pfrungschür mängisch e schwarze Hung gseh. Dr alt Sigerischt het viel dervo gwüsst z’brichte. Mi Elter isch de au mängisch go ge hälfe lüte. Einisch, äs isch im Winter gsi, isch er au mit ihm. Du isch dr Hung uf dr Chilehofmur gläge; eso grossi Auge het er gha! Aber dr Sigerischt het nüt drum to u gchüschelet: „Dä isch nüt z’schühe. Ume süferli. Ume nüt dergliche tue.“
De hei sie de albe, für i d’Turn z’cho, i d’Chile ihe müesse; ussehar isch sälb Rung no e kei Türe gsi. Aber mängisch isch es de vorcho‚ dass er de d’Türe nid het chönnen uftue. De het er ume gseit: „Ume süferli. Mir müesse no chli warte. Heit Giduld. Ume es Bitzeli Giduld. Sie si drum no nid fertig dinne. We sie de fertig si, geiht sie de von ihm sälber uf.“
Die Toten erscheinen da, wo ihre Gebeine liegen. Das seelische Leben erscheint dem Menschen so eng mit dem Körper verbunden, dass auch in unserm Volksglauben stets noch eine gewisse Bindung von Körper und Seele vorhanden ist, wenn auch die Einheit von Körper und Seele nicht mehr besteht. Aber der Glaube, dass die Toten in einzelnen Sagen, den Gräbern entsteigend‚ auf dem Friedhof erscheinen, kann noch auf andern Gründen beruhen. Friedhof und Kirche mahnen an die Vergänglichkeit des Lebens; da liegen die Abgeschiedenen. Gesträuche und Steine des Friedhofs, von hellem Mondlicht übergossen, täuschen dem Abergläubischen menschliche Gestalten vor; andere Sinnestäuschungen mögen hinzutreten und die Bildung von Sagen begünstigen.
In einzelnen Fällen werden die Wiederkehrenden dem Auge nicht sichtbar; nur das Ohr vernimmt ihr Tun.
M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.