Im Schwabenkrieg, den die Eidgenossen mit Unlust mit ihren sonst so vertrauten Nachbarn überm Rhein angefangen hatten, wurden sie von diesen nie anders als mit Kühmelker, Kuhmäuler und anderen landwirtschaftlichen Titeln angerufen. Es kam so weit, daß man im Kriegslager des Kaisers Max nach und nach den wahren Namen der Schweizer vergaß und sie nie anders als die Kuhmäuler nannte, was viel dazu beitrug, daß die Erbitterung bei den Eidgenossen wuchs.
Als nun die Schweizer in einem Dörflein Hard verweilten, fanden sie unter einem Dache versteckt einen etwas hasenfüßigen Soldaten aus dem Allgäu, der aus der Schlacht weggelaufen war und sich hier verkrochen hatte.
Wie man ihn nun hervorzog und vor die Hauptleute der Eidgenossen brachte, fiel er vor Entsetzen auf die Knie und rief heulend: "O ihr lieben, frommen Kuhmäuler, seid mir um Gottes willen gnädig!" Als ihn nun die Eidgenossen, halbwegs zornig, halbwegs lachend, fragten, warum er sie nun mit solchen Schimpfworten um Gnade anflehe, wenn er doch das Herz so tief in den Hosen habe, antwortete er bestürzt: "Ach, ihr lieben Kuhmäuler, wie heißt ihr denn? Ich habe euch mein Lebtag nie anders nennen hören und gemeint, das sei euer rechter Name."
Da lachten die Eidgenossen zusammen eine Scholle heraus, als ob eine Fuhre Steine vom Wagen rasselte, und ließen den einfältigen Schelm laufen. Der aber zog, wohlgemut und zufrieden fürbaß, hatte ihm doch seine Einfalt das Leben gerettet.
Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.