Vor mehr als hundertfünfzig Jahren lebte auf einem kleinen Heimwesen zu Röthenbach ein junger Mann bei seinen Eltern. Einst schickte ihn der Vater mit einem Ross auf den Langnauer Pferdemarkt. Als der junge Mann das Pferd zu einem annehmbaren Preis verkauft hatte, machte er sich beizeiten wieder auf den Heimweg. Unterwegs kehrte er mehrmals ein, um seinen Durst zu löschen. Im letzten Wirtshaus am Heimweg, wo's ordentlich lustig zuging, vertrank und verspielte er den Rest des Erlöses. Dabei war ihm nicht mehr ganz wohl, und er hegte finstere Gedanken.
Mit einem Bekannten, der auch in Langnau auf dem Rossmarkt gewesen, trat er spät in der Nacht den Heimweg an. Als sie bei der Tennlibrücke ankamen, erschlug er ihn, nahm ihm die gefüllte Geldkatze ab und verscharrte den Leichnam im Waldboden. Wie er damit beschäftigt war, kam die Frau des Erschlagenen, der das lange Ausbleiben des Mannes keine Ruhe liess. Der Mörder, der fürchtete, seine furchtbare Tat möchte an den Tag kommen, erschlug auch die Frau.
Daheim lieferte er den Erlös des Tieres ab, als ob nichts geschehen wäre. Am nächsten Morgen gingen Vater und Sohn in den Wald, um Holz zufällen. Als sie eine Tanne über dem Boden zersägt hatten, blieb sie zu ihrer grossen Verwunderung stehen. Dem Vater gefiel das nicht. Er ahnte sofort, dass etwas nicht richtig sei und drang in seinen Sohn, der nach langem Zögern seine blutige Tat gestand.
Darauf floh er und zog nach Frankreich, wo er in Napoleons Armee unter dem Namen Schauenburg bis zum Rang eines Generals emporstieg, der beim Untergang der alten Eidgenossenschaft die Schweiz erobern und plündern half.
Im Grab aber findet er keine Ruhe. Zu mitternächtlicher Stunde sprengt er zuweilen auf seinem Ross in voller Generalsrüstung über das Tennlibrücklein und verschwindet spurlos beim Mördergätterli.
Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.