a) Ein armes »Teetschipürli« (gedrücktes Bäuerlein) musste sich nebst Frau und einer grossen Kinderschar mit einer armseligen, halbverfallenen Hütte begnügen; der eisige Nordwind blies durch ihre morschen Wände hinein, und der stürmische Föhn drohte, sie niederzulegen. Schon lange hatte der bekümmerte Mann hin und her gesonnen, wie er ein neues, wenn auch nur ganz bescheidenes Häuschen bauen könnte, aber alles Sinnen und Überlegen führte zu keinem rechten Ziele; es fehlte immer das nötige Geld. (Nach Erzählarten im Isen- und Reusstal handelt es sich um ein Gädemli.)
Da er eines Tages auf dem Felde oder im Walde, ich weiss nicht, welches das Richtige ist, ermüdet von seiner strengen Arbeit sich niedergesetzt hatte und über die Lösung der brennenden Frage nachstudierte, stand plötzlich, als er mal aufschaute, ein fremdes Mandli vor ihm. Als ob dieses die trüben Gedanken des kummervollen Bauern in seinem Gesichte gelesen hätte, fragte es teilnahmsvoll nach der Ursache seines Kummers. Aufrichtig erzählte er von seiner Not und Verlegenheit. »A pah«, meint da der Unbekannte, »dem ist bald abgeholfen; gib mir, was du nach der Arbeit bei deiner Ankunft zu Hause hinter dem Ofen findest, so soll bis morgen zum ersten Hahnenschrei dein neues Häuschen fix und fertig dastehen. Schlag ein, du machst ein gutes Geschäft!« Nach einigem Besinnen geht der so Angesprochene auf den dargebotenen Handel ein und verspricht dem sonderbaren Nothelfer das Verlangte gegen die ihm in Aussicht gestellte Errichtung eines Häuschens. Wohl erschrickt er einen Augenblick, da er beim Abschied noch flüchtig die zwei Pferdefüsse (Bocksfüsse) des mildherzigen und so auffallend tüchtigen und raschen Zimmermanns erblickt. Doch tröstet er sich leicht, weil hinter seinem Ofen ausser einigen Lumpen, zerrissenen Strümpfen und alten Hosen sonst nie etwas zu finden ist. Bald verlässt der Bauer seine Arbeit und sucht seine Hütte auf, die er heute zum letzten Male bewohnt. Wie erbleicht aber der Arme, da er hinter dem Ofen im Stübli weichgebettet in der Zeinen ein prächtiges, neugeborenes Knäblein findet! Ausser sich vor Schmerz und Reue, klagt er sein namenloses Leid der Schwiegermutter und bekennt ihr den unüberlegten sinnlosen Handel mit dem Bösen. Die listige Frau tröstet ihn und erklärt: »Lach dü nur mich la machä, dem dummä Tyfel bin ich aarigs gnüeg.« Sie lässt den wachsamen Haushund und den morgenkündenden Hahn fasten. Das Gepolter der unsichtbaren Teufelsgesellen, die wacker am neuen Häuschen schaffen, lässt den hungrigen Hund nicht zum Schlafe kommen, er bellt aus Leibeskräften, und kaum hat die Mitternachtsstunde recht geschlagen, erwacht auch der Hahn ob all dem Lärm und Gebell und kräht mit aller Macht. Es war aber auch höchste Zeit; der neue Bau stand schon fertig da bis in's Dach, nur ein kleines Loch auf der First war zum Glück des Bäuerleins noch nicht gedeckt, drei Schindeln fehltenbloss. Da kratzte sich der Gehörnte in den Haaren und meinte reumütig: »Hätte ich mit eigenen Händen soviel gearbeitet, als ich mit Zuschauen allein hergestellt habe, so wäre das Häuschen erstellt und die Seele des Kindes wäre mir nicht entgangen!« (oder: »Wen-i das gmeint hätt, sä hätti de nu fester pressiärt!«). Das Loch auf der First konnte nie zugedeckt werden, das musste immer offen bleiben.
Pfarrer Arnold
b) Nach anderer Erzählart trug der Teufel beim Hahnenschrei grad den letzten Türpfosten herbei, der heig-er aber nitt fry z'Bodä g'riährt. Die Türe blieb immer unvollendet.
c) Eine dritte Darstellung weiss nichts von der Hungerkur von Hund und Hahn, sondern behauptet: Als die Frau gewahrte, dass das Häuschen bald fertig sei, machte sie Feuer an auf der Herdstatt, und da krähte der Hahn. Die Hähne krähen nämlich, sobald sie Feuer im Hause riechen. Eine Türe und ein Fenster waren noch nicht fertig, als der Hahn krähte. Der Bauer hatte dem Teufel seine eigene Seele verschrieben.
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.