Der Teufel und des Schmieds Tochter

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

a) Ein Hufschmied auf dem Stalden zu Bürglen hatte zwei Töchter, die heillos aufs Tanzen versessen waren. Eines Tages vernahmen sie, dass zu Brügg abends Tanz abgehalten werde, und da wollten sie auch dabei sein. Aber der Vater war nicht einverstanden und wollte es ihnen ausreden. »Ae, äs tanzet ja doch niemmer mid-ich«, sagte er zuletzt. »Und weni midem Tyfel müess tanzä, sä gahni!« trotzte das eine der beiden tanzsüchtigen Mädchen, putzte sich auf und ging ohne Begleiter zum Tanze. Es gewann den Anschein, als sollte der Vater Recht bekommen. Keiner der Burschen lud das Mädchen zum Tanze ein, und übelfeil und einsam stand es da. Endlich erbarmte sich seiner der Tanzschenker und begann mit ihm eine Tour. Da fiel allen Anwesenden so ein seltsames, hartes Träppelen auf. Man stutzte, man horchte und schaute. Es war der Tanzschenker, der so träppelte, und unter seinen Hosen guckten zwei Bocksfüsse heraus. Er sah sich verraten, sprang mit dem Mädchen zum Fenster hinaus und beide verschwanden.

Nach Jahren erschien eines Morgens ein fremder Reiter vor der Werkstatt unseres Hufschmieds. Er übergab sein Ross dem Meister, es zu beschlagen, während er selber Geschäfte halber das Dorf durchreisen wollte. Als der Schmied an der Arbeit war, hub das Rösslein zu reden an und sagte: »Vater, machet nicht so grob, ich bin eure unglückliche Tochter, welche der Teufel reitet!« Der Vater erschrak. In der nahen Lorettokapelle hatte es soeben zum Evangelium der heiligen Messe geläutet, und das Ross sprach weiter: »Vater, machet schnell! Wenn ich zwischen Opferung und Wandlung die Gnadenkapelle im Riedertal erreiche, so bin ich gerettet.« Und der Schmied schlug rasch den letzten Nagel ein, das Ross setzte sich in Galopp und raste dem Riedertale zu. Der Teufel gar bald hintendrein. Als das Ross mit den Vorderfüssen den Vorschopf des Gotteshauses erreichte, erfasste auch schon der Teufel das Hufeisen eines Hinterbeines. Aber es war zu spät. Das Hufeisen zwar blieb ihm in den Krallen, aber das Ross war verschwunden, und statt seiner stand das Mädchen, Gott dankend, im Vorzeichen. Wütend und fluchend schleuderte der Teufel das Eisen in die Halle und verschwand. Das Mädchen war gerettet; das Eisen hängt noch heute zur ewigen Erinnerung im Vorschopf der Kapelle.

Im Strassenpflaster des Riedertalerweges will man zweimal Menschenfuss-Spuren, dann auch drei Fingerspuren, ferner Geiss-, Ross-, Kalbs- und Rinderfuss-Spuren sehen, die von manchen mit diesen Sagen in Zusammenhang gebracht werden.

b) Auf der Strasse gesellte sich ein junger, hübscher Mann zum Mädchen, der es ins Tanzlokal begleitet und mit ihm tanzt. Träppälä, Ziegenfüsse. Als der Teufel sieh erkannt sah, sprang er mit dem Mädchen aus dem Fenster, verwandelte es in ein Pferd und ritt mit ihm einer Schmiede zu, um es beschlagen zu lassen. Während der Schmied sich zur Arbeit anschickte, entfernte sich der Teufel, um einige Geschäfte zu erledigen. Kaum aber hatte der Schmied dem Pferde das erste Eisen aufgeschlagen, da vernahm er die Worte: »Vater, mach nicht so grob!« Jetzt erkannte er in dem Rosse seine ungehorsame Tochter, und des armen Kindes sich erbarmend, riet er ihm, sich schleunigst in die Wallfahrtskapelle im Riedertale zu begeben, wo ihm geholfen werden könne. Sofort eilte das Pferd dorthin. Wie der Teufel nach der Schmiede zurückkehrte und das Ross nicht mehr sah, ahnte er den Zusammenhang und eilte in gewaltigen Sätzen dem flüchtigen Tiere nach. Eben war das Pferd bei der Kapelle angelangt, als der Teufel ebenfalls dort erschien und es am Schweife zu fassen versuchte. Mit einem mächtigen Satze entriss es sich aber den Händen seines Verfolgers und gelangte in die Kapelle in solcher Hast, dass es bei der Türe das Eisen verlor. Gerettet, Hufeisen zur Erinnerung.

c) Eine Jungfrau wollte gegen den Willen ihres Vaters, eines braven Hufschmiedes, zum Tanz: »Und wen-n-i midem Tyfel mües tanzä, sä gah'n i!« Auf dem Tanzboden gesellte sich ein feiner Herr zu ihr und lud sie zum Tanzen ein. »Aber du musst bis zum Morgen mit mir tanzen, und dann werde ich dich nach Hause begleiten«, sagte er. Am Morgen gab er ihr das Geleite, und zu Hause forderte er sie auf, ihm die Schuhe auszuziehen. Sie gehorchte, und da zeigte es sich, dass der feine Herr Pferdefüsse hatte. Die Jungfrau erschrak und wollte davonlaufen, aber er packte sie, verwandelte sie in ein Ross und ritt auf demselben davon. Fortsetzung wie bei a (mutatis mutandis, Flucht ohne den Vater). Schluss: Als das Ross die Vorhalle erreichte, packte es der Teufel beim Schwanze und riss ihn aus. Die Jungfrau war gerettet; der Teufel hatte ihren Haarzopf in den Händen, warf ihn zornig weg und verschwand. Zum Andenken an seine Rettung hängte das Mädchen den Haarzopf und ein Hufeisen in der Halle auf.

Frau Arnold-Gisler

d) Vater sagte zornig zur Tochter: »Sä gang i ds Tyfels-namä!« Sobald sie zum Vaterhause hinaus war, war sie in ein Pferd verwandelt, und der Teufel ritt auf diesem davon. Nach exakt sieben Jahren kam ein Mandli zur Schmiede und wollte das Ross beschlagen lassen. Es gefiel dem Schmied nicht. Dieser sagte: »Stelle es in den Stall, ich werde es dann schon beschlagen.« Als das Mandli fort war, nahm der Schmied die Eisen ab. Beim vierten fing das Ross an zu reden und sagte: »Vater, mach hibscheli, dieser Fuss tut mir ausnahmsweise weh. Ich bin des Teufels Ross! Wenn ich, bevor er mich einholt, die Schwelle der Kapelle im Riedertal wenigstens mit den Vorderfüssen überschreiten kann, bin ich gerettet.« Schnell beschlagen und davon. Als das Mandli kam und das Ross wollte, log ihn der Schmied an. Aber das Mandli sagte: »Du müesch mich nit bschyssä, ich weiss scho was ggangä-n-isch!« Als er das Ross erreichte, war es gerade mit den Vorderfüssen über die Kapellentürschwelle gesprengt. Dabei verlor es das Hufeisen an einem Hinterfuss. Gerettet, Hufeisen hängt.

Josef Maria Gisler

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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