»Das het alligs my Müetter verzellt«, beginnt meine Erzählerin von Bauen, deren Mutter aber von Attinghausen war.
Einer Schneiderin, die fleissig auf Stören ging, folgte schon manchen Abend auf der Heimkehr so ein altes Guschi nach, ohne bestimmte Gestalt, äs syg nur äsoo äs G'schych gsy. Wenn sie das Türli am Eingang in ihre Hostet noch so räs zuschletzte, das Guschi kam ihr dennoch nach bis an die Haustüre. Endlich fragte sie einen Gottesgelehrten um Rat, und der sagte ihr, sie solle sich nur nicht fürchten, für die arme Seele beten und die Dinge abwarten. Eines Abends endlich kam ihr das Guschi entgegen; es war entsetzlich in ein Tuch eingewickelt und deutete der Schneiderin, sie möchte das beengende Tuch aufschneiden. Aber diese wagte es nicht, ohne vorher den Gelehrten nochmals um Rat zu fragen. Auf seine Ermunterung redete sie das nächste Mal das Gespenst an, das ihr wieder begegnete, behielt sich aber wohlweislich das erste und letzte Wort vor. Auf des Geistes Bitte schlitzte sie jetzt mit einer Schere die Hülle auf, und der Geist war erlöst. Aber die rechte Hand der erlösenden Schneiderin war ganz verbrannt; der Ratgeber hatte ganz vergessen, ihr zu sagen, dass sie die Hand einwickeln solle.
Nach und nach hat man angefangen, die Toten nicht mehr in Leintücher einzunähen, sondern sie mit ihrem Gewand zu bekleiden, damit sie beim Wandlen ungehindert einherschreiten können.
Maria Ziegler
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.