Einen Kiltgänger im Isental führte der Weg zu seiner Liebsten über den Friedhof. Jauchzend und jodelnd kam er jeweilen daher bis zum Eingang des Friedhofes, und wenn er diesen beim Türli wieder verliess, nahm er sein Jodeln wieder auf. Über den Friedhof hingegen schritt er schweigend einher. Das laute Wesen des Burschen missfiel dem Ortspfarrer, Peter Anton Egger (1848–1875), der ihm schon mehrere Male abgepasst hatte. Er bestellte endlich zwei handfeste Burschen, die dem Kiltgänger aufpassen, ihn festnehmen und in das Pfrundhaus bringen sollten. Sie vollführten den Auftrag, aber, als der Gesuchte erschien, hatte er zwei Begleiter bei sich; sie wagten es nicht, ihn zu packen, und meldeten es dem Pfarrer. Da bestellte er drei Burschen, aber auch der Kiltgänger erschien mit drei Gespanen, zuletzt, als ihm fünfe auflauerten, kam auch er mit fünf Gehilfen. Da gab der Geistliche nach, liess den Kiltgänger zu sich kommen und fragte ihn, wen er allemal auf seinen nächtlichen Gängen bei sich habe. Der wusste nichts von seinen Begleitern, und darum fragte ihn der Pfarrer, was er denn mache. »Ich bete auf dem Friedhof zum Troste der armen Seelen.« Jetzt sagte der Pfarrer: »Lasst ihn machen, die armen Seelen begleiten ihn.«
Michael Imhof
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.