Es war einmal ein heiratslustiges Erdmännchen im Menzinger Dorf. Man erzählte von ihm, dass es sehr grosse Schätze sein eigen nenne. Eine Nachbarstochter, ein flottes und lebenslustiges Bauernmädchen, hatte es nun dem kleinen Zwerg angetan, und unablässig verfolgte der bärtige Wicht die Tochter mit seinen heiratslustigen Plänen. Als sein Werben aber nie den gewünschten Erfolg hatte, drohte das Männchen seiner Auserwählten, er würde ihr ein böses Leid anwünschen, so sie ihm nicht endlich das langersehnte Jawort geben werde. Er lasse aber ab von ihr, wenn sie seinen geheimnisvollen Namen erraten könne, sonst aber müsse sie ihm in die Ehe folgen. Alles Bitten und Flehen, alles Raten und Werweisen war umsonst. Die gewährte Gnadenfrist ging ihrem raschen Ende entgegen. Nur noch ein Tag fehlte, dann sollte die Hochzeit mit dem verhassten Runzelmännchen sein. In dieser grossen Herzensnot ging die Bauerntochter zu ihrem Beichtvater und klagte ihm ihr arges Leid. Dieser geistliche Herr gab ihr den Rat, heute abend vor der Höhle des Erdmännchens hübschfein sich zu verstecken und den kleinen Wicht zu belauern. Das Mädchen folgte dem guten Rat. Im Versteck (mit klopfendem Herzen) wartete die Tochter und hörte den kleinen Freiersmann in seiner unterirdischen Höhle halbnärrisch vor Freude tanzen und jubeln. Aus der Höhle drang das frühzeitige Hochzeitslied des Erdmännchens:
"Hinecht chochen i mis Chrütli,
und morn holen i mis Brütli,
es weiß jo nit, - daß i Senfchörnli heiß."
Am folgenden Morgen stand das Erdmännchen schon in aller Herrgottsfrühe vor dem Elternhaus seiner Auserwählten. Feierlich wollte es seine heissbegehrte Braut abholen. Die Menzinger Dorfschöne schaut zum gastlichen Willkomm zum Fenster hinaus und über ihr hübsches Gesicht hüpfte schalkhaft ein schadenfrohes Lächeln als sie rief: "Guten Morgen, Senfchörnli!" Wohl noch keinem Menzinger Bräutigam klang der Laut seines eigenen Namens aus dem Mund der Allerliebsten so qualvoll wie diesem Zwerg. Unter furchtbaren Verwünschungen zog das Erdmännchen ab und barg seinen Liebeskummer in der dunklen Höhle bei den vielen und köstlichen Schätzen.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 130
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.