Es war im Spätherbst der 90 er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als der im blühenden Burschenalter stehende Jäger Alois Kempf vom Bieler, Bürglen, auf einer Hochwildjagd eines Abends auf seinem Heimwege durch die verlassene Alp Gand streifte. Wie er nun durch das Gandweidli vor dem Ruoggig kam, erblickte er plötzlich unweit an der Halde ob ihm einen Reiter in scharlachrotem Mantel, der auf einem weissen Pferde gegen die Alp Gand zurückritt. Nach dieser seltsamen Begegnung habe der erschrockene Jäger eiligen Schrittes die Alp verlassen. Sein Heimweg führte ihn weiter hinten bei dem Berg Lücken vorbei, wo sie im Häuschen schon Licht angezündet hatten, denn es war unterdessen Nacht geworden. Kempf ging nun zum Fenster und schaute dort ins Stübchen hinein, wo die Maitli gerade Stubeten hatten, was ihn bewog, ins Haus zu gehen. Seine Freunde begrüssten ihn herzlich, sie bemerkten aber beim Scheine des Lämpchens, wie er so bleich aussah, und fragten ihn darum über die Ursache seines erschrockenen Wesens. Er erzählte ihnen nun das seltsame Erlebnis in der Alp Gand. Nachdem er ihnen die Erscheinung erzählt hatte, wollten sie ihn bewegen, mit ihnen auch noch einmal dahin zu gehen, vermochten es aber nicht. Dieses Vorkommnis geschah also in den 90 er Jahren. Es ist aber auch noch in ganz neuer Zeit von den Sennen dieser Alp gesagt worden, dass sie im Grase der Alp Rosseisenspuren eingedrückt gesehen hatten, deren Herkunft sie nicht erklären konnten, da auf den umliegenden Alpen weit und breit keine Pferde gesömmert werden und auch keine vorbeipassieren. Es waren vielleicht auch wieder Merkmale von jenem geheimnisvollen Reiter.
Johann Herger, 28 Jahre alt, Schreiber, von Bürglen
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.