Aus dem untern Axenberg in der Gemeinde Sisikon ging ein Kind zur Schule und musste zudem auch zu Hause bei der Arbeit mithelfen. Als die Familie eines Abends gemeinschaftlich den Rosenkranz betete und das arme, müde Kind dabei einschlief, wurde der Vater wild, stellte es vor die Haustüre hinaus und vergass es da. Endlich sagte die Mutter, sie wolle das Kind holen. Der Vater entgegnete: »Ich habe es hinausgestellt, ich hole es auch.« Aber vergeblich öffnete er die Türe, das Kind war nicht mehr da. Umsonst suchten sie es unter Weinen und Schreien; ein Wolf, der letzte in Uri, hatte es gefressen. Man fand einige Tage später seine Spur und erlegte ihn. Andere Erzähler behaupten, das Böse habe Gewalt bekommen über das Kind; das sei oft vorgekommen, dass Kinder, die nach Betenläuten strafweise vor die Haustüre gestellt worden, verschwunden seien. Seit dem Tode jenes Kindes sieht man oft zur Nachtzeit im Axen und Umgebung ein Licht herumschwirren (19. Jahrhundert).
Maria Ziegler; Frau Hartmann-Wipfli
Als vor einigen Jahren eine Frau Huser in der Vorstadt zu Altdorf ihrem Kind laut drohte, sie wolle es, wenn's nicht recht tue, vor das Haus hinausstellen, obschon es schon zu Beten geläutet hatte, eilte die Nachbarsfrau herzu und mahnte sie dringend davon ab, solches zu tun, wenn sie das Kind nicht verlieren wolle.
Karolina Buggli
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.