a) In der Eigenalp Boggli erschien von Zeit zu Zeit ein Gespenst. Es trug ein braunes, kuttenartiges Kleid, weshalb es die Leute den Bogglikapuziner nannten. Gewöhnlich kam es von der Alp Wanneli her, die in einer Mulde am Abhang des Geissberges liegt, stampfte im Boggli herum und betrat auch das Häuschen, tat aber niemand etwas zuleid. Nach andern kam er aus einem alten Gemäuer im Boggliberg.
Einmal übernachteten daselbst der Riseler Josti selig, der alt Fridli und ein junger Bursche. Es hatte »ä wietigä Patsch Schnee gleit«, und immer noch fielen Schneeflocken wie Handschuhe vom Himmel. Als sie ins Bett gingen, sagte der Riseler: »Hinecht het's doch g'wiss am Bogglikapiziner d'Nasä drüss, usem Wannäli firä z'chu.« (Oder: »Hinecht chunder doch gwiss nyt usem Myrli üsä«). Aber wohl! kaum gesagt, war er schon da, stampfte ums Häuschen herum und polterte an die Türe. Schlotternd zog der alt Fridli die Decke über den Kopf und jammerte: »Ei, Herr Jeses, Herr Jesesl der Tyfel, der Tyfel. Hättisch du nur nyt g'seit!«
Ein anderes Mal, als es ebenfalls eine Menge Neuschnee gelegt hatte, spotteten die Knechte über den Bogglikapuziner. Der Geissbub warnte sie und sagte, sie sollten nur nicht spotten, sonst komme er gewiss noch; er habe ihn im Wanneli allzuoft gesehen auf einem Steine sitzen. Sie aber lachten und sagten: »Ja, der tät äu nu ä-chly blasä-n- und chüttä da dur dz Boggli üfä!« Kaum war diese Rede zum Munde heraus, polterte er auch schon an der Türe und trat herein. Dem Geissbub, der auf dem Ofenbänkli schlief, gab er so einen Blick, ging an ihm vorbei, trat an das Bett heran, in dem die zwei andern lagen, stützte sich mit den Händen auf den Bettrand, beugte sich vornüber und schaute ihnen ins Gesicht. Dann ging er wieder fort.
Anton Zurfluh, Anton Brücker, und a. (19. Jahrhundert)
b) Zuletzt liess man den Pfarrer kommen, dass er das Berghäuschen aussegne. Während er die Segnung vornahm, sah man etwas wie eine grosse weisse Katze aus dem Häuschen heraus- und gegen den Gaden zu davonlaufen. Damit nahm der Spuk ein Ende.
Fr. Püntener-Walker, 29 Jahre alt, Erstfeld
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.