Ja, früher haben sie allerlei erzählt; aber da ist halbes nicht wahr. Aber das hat mein Grossvater erzählt für eine sichere Wahrheit: Sie wohnten in den Siëssbergen ob Schattdorf. Öfters kam es vor, dass ihr 4–5 Jahre altes Knäblein ganze Tage ausblieb. Wenn sie es dann am Abend fragten, wo es den ganzen Tag gewesen, sagte es: »Bim grossä Ma.« Wie der aussehe? »Ä grossä, grossä Ma! Chopf hed er ä keinä, aber ä grossä, grossä Hüet üff.« Dass Gespenster keinen Kopf haben, haben sie früher immer gesagt. Einst nach langem, langem Suchen fanden sie das Knäblein in ihrer Wiese bei einem grossen, mächtigen Haufen Schneckenhäuschen sitzend und spielend. Ein anderes Mal schickten sie einen ältern Knaben, die Ziegen zu holen. Aber nach geraumer Zeit kam er zurückgerannt mit allen Zeichen des Schreckens und sagte, der grosse Mann sei ihm auf dem Steglein begegnet. Ja, das hat der Grossvater erzählt; der war sonst kein leichtgläubiger Mann. Wir haben auch einmal ein kleines Maitli vermisst, im ganzen Hause gesucht, und nach langem Suchen – wo haben wir es gefunden? Schlafend auf der Kammerstiege, wo wir doch beim Suchen mehrmals auf und abgelaufen waren. Ja, und wie ist's dem Professor Dittli ergangen im Maderanertal, als er noch ein kleiner Bub war? Drei Tage lang haben sie ihn gesucht und erst gefunden, als sie ihm läuten wollten.
Jost Indergand, Altdorf, 80 J. alt.
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.