1. a) Auf dem Sonnigen Grat ob Amsteg hat man vor Zeiten bisweilen ein kleines Manndli gesehen; man glaubte, es sei ein verwünschtes Waisenkind. Liess es sich blicken, dann gab es sicher Regenwetter. Wer etwa tagsüber in der Nähe sich aufgehalten oder gearbeitet hat, wurde abends von den Leuten gefragt: »Hesch d's Wättermanndli nytt g'seh?« Dann und wann kam auch aus dem Erstfeldertal ein Wettermännlein bis auf den Grossgander und gab jenem auf dem Sonnigen Grat Zeichen. Dann kam dieses zu äusserst auf den Grat und rief den Leuten auf der Alp und auf den Arnibergen. Das war ein böses Zeichen. Sofort holte man die Schafe und Neesli aus den Stöcken (aus dem Gebirge); denn es gab Schneewetter. Hörte man das Männchen schreien oder weinen, dann heulten die Hunde der Umgebung bis hinunter nach Heissig-Egg, und es ereignete sich ein Unglück.
Mitget. v. Jos. Baumann, Pfarrhelfer
b) Ja, ja, das ist wahr, das existiert. Es trägt eine grauwollene Kleidung, einen Wetterhut mit spitzem Güpfi und breitem »Sturm« und einen grauen Bart. Vom Sonnigen Grat kommt es bis in die Hütte zu Furt im Leutschach; darinnen hält es sich auf in jener Zeit, da sie dort nicht staflen; man sieht es oft zur Hütte herausschauen. Noch vor wenigen Jahren sind einige Männer, die solches nicht glauben wollten, im Frühling vor der Alpfahrt in die Alp gegangen und haben es gesehen und sich von der Wahrheit überzeugt.
2. Und das Manndli in der Brunnialp im Maderanertal, wisst Ihr von dem auch? Das soll auch noch da sein. Wenn allemal der letzte Passant im Herbst die Alp durchschritten hat, kommt es auf das Sennenbocki und schaut ihm weinend nach. Weiter kommt es nie. Von Zeit zu Zeit hören sie's dort auch jauchzen; dann gibt es leid Wetter.
Albin Indergand, Amsteg
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.