Zwischen Zürcher-, Schwyzer- und Zugerboden steht der Hohe Ronen. Er läuft gegen den Rossberg aus und dort liegt ein grosser Granitblock, der Dreifingerstein genannt. Am Stein kann man drei Vertiefungen feststellen; es scheint, als hätte ein riesenstarker Mensch Daumen, Zeig- und Mittelfinger mit Urgewalt hineingebohrt.
Es war einst ein steinreicher Geizkragen und dieser machte nach dem Tode des Alpbesitzers ungerechten Anspruch auf diesen Fleck Boden. Die armen Waislein des toten Älplers wurden von ihm hart bedrängt und verfolgt. Das boshafte Vorhaben suchte der landgierige Senn mit falschen Urkunden und Verschreibungen zu beweisen. Die Kinder hatten aber keine Rechtsmittel in der Hand, um ihr gutes Recht beweisen zu können. Das Gericht wurde gemäss altem Brauch auf dem strittigen Landgut abgehalten und der Senn leistete einen feierlichen Eid, dass ihm das Landstück vom verstorbenen Bauer einst verschrieben worden sei. "So wenig als ich meine drei Schwurfinger in diesen harten Stein zu tauchen vermag, so wenig ist mein Eidschwur falsch". Vermessen setzte er die drei Schwörfinger auf den harten Stein und siehe, dieser gab nach wie weicher Schnee und die drei meineidigen Finger sanken ein bis ans hinterste Glied. Voll jähem Entsetzen wollte der Meineidsenn seine Hand zurückziehen, aber umsonst, die drei Finger waren wie festgewachsen. Gott hatte gerichtet, und der Senn bekannte seine Übeltat. Reumütig beichtete er seine Sünden. Dann aber erbebte die Erde, ein Blitz fuhr aus heiterem Himmel, eine dunkle Wolke umgab ihn. Aus der Finsternis erscholl ein fürchterliches Rufen, und als die Wolke sich wieder teilte, lag der meineidige Senn entseelt rücklings am Boden, das Antlitz gegen die Erde gekehrt.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 67
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.