„Wildsäue“
Die Einwohner eines namhaften Dorfes im Weinland nannte man früher neckischerweise „Wildsäu“. Diesen Spitznamen führte man auf folgende Begebenheit zurück. Einmal zur Zeit der Kornernte hauste in den Getreidefeldern des Dorfes ein Wildschwein, welches furchtbare Verwüstungen anrichtete und trotz aller Bemühungen nicht herausgelockt werden konnte. Da sagte jemand dem Gemeinderate, die wilden Schweine frässen gerne Eier und riet ihm, einmal zu versuchen, ob man damit den Eber fangen könne. Der Vorschlag gefiel dem Gemeinderate, und er beratschlagte lange hin und her, wie man ihn ausführen könne, ohne dass der, welcher dem ungebetenen Gaste die Eier streuen sollte, das Getreide noch mehr vernichte. Endlich kam man auf den richtigen Gedanken und beschloß Folgendes: Der Eierstreuer müsse sich in einen Korb setzen, und vier Mann sollen ihn durch das Getreide tragen, damit er keins zertrete. Bei jedem Schritt habe er ein Ei aus dem Korbe zu werfen.
Durch diese schlaue Tat wurde zwar der Eber aus dem Korn herausgetrieben, aber zugleich hatten die vier Männer es dermassen zertreten, dass es zu nichts mehr zu gebrauchen war.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland
Nach Corrodi im Zürcher Bauer, 22. 3. 1938; Vernaleken, S. 343. P. Corrodi fügt diesem Schwank eine Reihe Spitznamen anderer Dörfer des Weinlandes an: Elliker: Wildsäu, Thalheimer: Guggu, Altiker: Laubseck, Herter: Heuel, Rickenbacher: Fischotter, Gütighauser: Füchs, Dinharder: Schööf, Elgger: Chrutballe. WeItere Necknamen von Orten bei E. Stauber, Sitten und Bräuche im Kanton Zürich, I S. 63.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.