Die Erdmännchen im Bachsertal
Ja, das waren gute, alte Zeiten, als im „Erdmännliloch“ bei der Hochfluh am Sanzenberg oben noch wohltätige Heinzelmännchen hausten! Von diesen erzählten die Alten, sie hätten den Leuten gar manche am Abend noch unvollendete Arbeit während der Nacht fertig gemacht, also z.B. gemäht, gepflügt, Korn geschnitten oder Vieh geputzt. Ihrer ganz besonderen Hilfe soll sich der Talmüller erfreut haben, ohne sich aber dafür dankbar zu erweisen. Im Gegenteil soll er sie oft verspottet und ihnen einmal einen argen Streich gespielt haben, indem er ums Haus herum Mehl gestreut habe, um die Spuren ihrer Füsse zu entdecken. Noch in dieser Nacht aber seien die darüber verärgerten Kobolde aus der Gegend weggezogen, wie einst die Zwerge aus dem Haslital.
Über diese hilfreichen „Lampohren“, wie die Erdmännchen wegen ihren grossen Ohren auch etwa genannt wurden, berichtet eine andere Sage, sie hätten vom Talmüller gelegentlich ein Säcklein Mehl erhalten und daraus für sich und arme Leute Kuchen gebacken. Das habe der Geizhals ihnen aber abgewöhnen wollen und deshalb eines Tages das Mehl mit viel Gips vermischt, welche Spende die erzürnten Zwerge sogleich in den Mühlebach geworfen hätten. Als man darin am andern Morgen das Vieh getränkt habe, sei es zugrunde gegangen. Der ehemals sehr reiche Müller sei verarmt, habe die Erdmännchen mit seinem letzten Sack Mehl wieder versöhnen wollen, sie aber nicht mehr gefunden und sei bei ihrer Höhle zu Tode gestürzt.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland
Wörtlich aus Hedinger, S. 5. Seine Quellen: Persönliche Mitteilung; Rochholz, Naturmythen, S. 106; Bolleter, S. 230; P. Corrodi, im „Tagesanzeiger“, 28. 10. 1955, und im „Zürichbieter“, 5. 11. 1955. Bei verschiedenen Grabungen entdeckte man in diesem Erdmännliloch eine Kohlenschicht, Tierknochen, Topfscherben, sehr alte Ofenkacheln und Mauerreste, weshalb angenommen wird, es hätten hier nach den erwähnten Steinzeitmenschen vielleicht fromme Einsiedler, vertriebene Wiedertäufer oder bei den sogenannten Bettlerjagden verfolgte Heimatlose gewohnt. - Die erwähnte Talmühle stand wirklich schon in ganz frühen Zeiten und wurde 1954 im Sinne des Heimatschutzes prächtig renoviert. Diese Angaben nach Hedinger, S. 13.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.