Schatzgräber bei Waldhausen
Die hiesigen Burgherren waren so verhasst, dass die benachbarten Bauern beschlossen, deren Sitz zu zerstören. Da ihre Mittel zu einer erfolgreichen Belagerung nicht ausreichten, gingen sie daran, die Burg in etlichen Nächten heimlich mit Stollen zu unterwühlen, worauf sie wirklich einstürzte und ihre Bewohner samt vielen Schätzen im Schutt begrub. Später wollte man die letzteren natürlich wieder hervorsuchen. Zu diesem Zwecke kamen ein paar beherzte Männer an einem Karfreitag hieher. Da seien ihnen, wie die Alten erzählten, einige Burggeister erschienen und hätten gesagt, sie sollten in der folgenden Nacht weissgekleidet zur Arbeit antreten und zuerst den noch vorhandenen Markstein in der Mitte der Ruine ausgraben, denn darunter befinde sich der Schlüssel zur Eisentüre, hinter welcher zwei schwere Schatzkisten verborgen seien. Die eine davon dürften sie behalten, den Inhalt der andern aber müssten sie für kirchliche und wohltätige Zwecke verwenden. Zudem sei den Männern anbedingt worden, sie sollten bei der Arbeit kein Wort reden, die Sache nicht ausplaudern und fertig sein, bevor man in Kaiserstuhl am Morgen Betzeit läute. Die Schatzgräber hätten nun emsig gepickelt und geschaufelt und die erste Truhe schon fast in ein nahes Haus getragen, als unvermutet das frühe Glockenzeichen ertönt habe, und jener Teil der Kiste, der noch nicht ganz unter der Dachtraufe gestanden habe, sei plötzlich verschwunden. Der Rest sei aber noch so wertvoll gewesen, dass die paar Männer dadurch zu einem grossen Vermögen gekommen seien, und zudem hätten sie durch ihre Bemühungen fast alle jene Burggeister erlöst.
Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland
Wörtlich nach Hedinger, S. 29. Seine Quelle: Bolleter, S. 232; E. Zehnder, Nacherzählung der Sage in „Zürcher Chronik“ 2, 1956, S. 36
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.