Zwischen Zuzwil und Linggenwil, hart an der Landstrasse, befindet sich ein kleines Wäldchen, das Hasenholz, in dem ein geisterhafter Spielmann, der sogenannte Hasenholzgeiger, haust. Noch niemand hat ihn gesehen; aber auf seiner Geige spielt der unsichtbare Fidler die schönsten Weisen. Besonders lebhaft und volltönend ist sein Spiel während den heiligen Zeiten, hauptsächlich um Weihnachten herum und an den Fronfastentagen. Dann hört man die Töne seines Instrumentes bis in den benachbarten Weiler Hub hinauf, und so schön klingen sie, als wäre der „fürnehmste" Geiger der Welt im Hasenholz drunten. Er liebt es aber auch, Leute, die nachts am Hasenholz vorbeikommen und den zauberischen Tönen nachgehen, in die Irre zu führen. Immer tiefer lockt er sie mit seinem Geigenspiel in das Wäldchen hinein und lässt sie da oder auf dem benachbarten Torfmoos umherirren. Erst wenn in Zuzwil oder Linggenwil die Morgenglocke läutet, finden sie den rechten Weg wieder. Ein Mann aus Linggenwil, der an einem Winterabend zur Weihnachtszeit nach Hause gehen wollte, wurde vom Hasenholzgeiger irre geführt. Er kam erst am folgenden Morgen todmüde nach Hause und erklärte auf Befragen, er sei die ganze Nacht bis zum Angelusläuten im Hasenholz umhergelaufen, ohne einen Ausweg zu finden. Da damals ziemlich tiefer Schnee lag, wunderte es den Mann, die Spuren seiner nächtlichen Wanderung zu sehen. Er begab sich im Laufe des Tages mit einem seiner Hausgenossen in das Hasenholz und bemerkte hier mit Erstaunen, dass er, wie dies die im Schnee vorhandenen Fusseindrücke deutlich zeigten, an einer lichten Stelle des Gehölzes einen nicht gar grossen Kreis umschrieben hatte, also stets rund herumgegangen sein musste, ohne sich diesem Zauberring entwinden zu können.
G. Kessler. (Archiv für Volkskunde.)
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 495, S. 292
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.