a) Attinghausen.
1. Als die erste Familie in die Gegend kam, sagten die Kinder zu ihrem Vater: »Ätti, hiä wem-mer hüsä.« Sie siedelten sich da an, und der Ort heisst daher »Ättighüsä.«
2. Ein Sohn in den Schächentalerbergen, der von seinem Berg aus die schöne Gegend am Fusse der Gibelstöcke betrachtete, mahnte den Vater: »Ätti, da üsä wem-mer ga hüsä.«
3. Attinghausen hat vor Zeiten »Stadt Immälingä« geheissen. – I der Bschrybig heisst äs susch »Dorf Immälingä.«
Pfr. Denier; Mathilde Imhof-Rämi, 70 Jahre alt, und a.
Anmerkung: Immälingä heisst jetzt Ronimättäli, liegt nahe beim Weiler Albenschyt vom alten Saumweg und ist etwa 10 Minuten von der Pfarrkirche entfernt. Ein älterer Mann reimte: »Z'Immälingä-n-isch ä Limel dinnä.« Es ist wohl identisch mit Emmendingen, das im Schlachtjahrzeit nach 1422 genannt wird. (Wymann, Das Schlachtjahrzeit von Uri, S. 8.)
b) Bärenfad in Unterschächen. In einer schwer zugänglichen Balm zu Niederlammerbach hauste ein Bär, der seine Streifzüge in die Alpen und bis in das Dorf Unterschächen ausdehnte und viel Vieh tötete. Endlich kamen die Jäger auf eine List. Sie schlissen eine Tanne und legten die feuchte, glatte Rinde auf das schmale Felsenband am steilen Tobel, das Meister Petz passieren musste, wenn er seine Höhle erreichen wollte. In der folgenden Nacht nun glischte er aus und fiel zu Tode. Daher heisst das Felsenband: d'r Bäräfatt.
K. Gisler, 75 Jahre alt
c) Ähnlich das Bärenloch auf der obern Frutta zu Spiringen, in dem ein Bär seine Wohnung hatte. Eine Tatze von ihm hing noch vor wenigen Jahrzehnten bei der Haustüre im Chieffermättäli.
Pfr. Arnold
d) Beim Plattenberg in Seedorf begegnete unversehens ein Jäger dem Meister Petz. Rasch zog er sich in den Spalt eines nahen grossen Steines zurück, feuerte von hier aus auf den eindringenden Unhold und traf ihn in den offenen Rachen. Unter mächtigem Gebrüll verendete das Tier. Der Stein aber heisst seither der Bärenstein. Ein anderer Punkt in Seedorf nennt sich Bärengrube.
Al. Wipfli
e) Bauen. Vor Zeiten war Bauen am Urnersee noch unbewohnt. Da kam ein Vater mit drei Söhnen in die Gegend, und diese ermunterten ihn: »Ätti, hier wollen wir bauen.« Sie liessen sich hier nieder und bauten die ältesten Häuser, die noch in Bauen stehen, nämlich in der Rütti am See, auf Resti, auf Huttegg und im Rütli.
Marie Ziegler, 60 Jahre alt
f) Eine Stelle in der Gornernalp zu Gurtnellen heisst das Seelenbödemli, weil die Älpler dort häufig eine arme Seele weinen hörten.
g) Ds Isitall, hend alligs diä Altä gsäit, syg von obä-n-appä (also von Westen oder Nidwalden her) bevelkeret wordä.
Jos. Imholz, 30 Jahre alt
Anmerkung: Darauf deutet auch der Name »Aa«, den der Talbach bis Ende des 16. Jahrhunderts geführt hat, der auch in Unterwalden sehr gebräuchlich ist. Auch die Mundart des Isentales klingt an die von Unterwalden an. Die gegenwärtige Bevölkerung stammt allerdings zumeist von Seelisberg und aus dem Schächental.
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.