Ein reicher Herr besass eine grosse, schöne Alp. Aber auf ihr lastete ein böses Verhängnis. Noch jeder Knecht, den der Besitzer hinaufgeschickt hatte, war nach kurzer Zeit spurlos verschwunden. So wurde die herrliche Alp allmählich gänzlich verwahrlost. Endlich stellte sich wieder ein furchtloser Mann und anerbot sich als Alpknecht. Freudig wurde er angestellt, und bald stieg er mit einem prächtigen Sennten bergan. Nach einiger Zeit kam des Nachts ein geheimnisvoller Mann und bedeutete dem neuen Knecht, er solle mit ihm kommen. Dieser folgte. Im Freien zeigte ihm der Geist ein Plätzchen und sagte, hier sei ein grosser Schatz verborgen. Er bot ihm Schaufel und Grebel an und hiess ihn graben. Aber der Knecht weigerte sich mit den Worten: »Ich habe nichts vergraben und grabe nichts aus.« Freudig leuchtete es auf in den Augen des Unbekannten, und emsig grub er selbst nach dem Schatze. Nach einer guten Weile kamen drei grosse, mächtige Häfen voll blinkenden Goldes zum Vorschein. Diese musste der Knecht zuhanden nehmen. Aus dem Gelde des einen sollte er heilige Messen lesen lassen für die Seelenruhe des Geistes, den andern Hafen voll unter die Armen verteilen, und den dritten durfte er für sich behalten. Er versprach, das getreulich auszuführen. Freudig dankte ihm jetzt der Geist und sprach: »Jetzt kann ich erlöst werden. Wisse! hättest du Schaufel oder Grebel angerührt, so hätte ich dich zu Staub und Asche zermalmt wie deine Vorgänger.« Dann war er verschwunden. Jauchzend und johlend verliess der Knecht die Alp, er wollte nicht mehr länger dienen. Der Herr bekam aber von da an genug Knechte. – My Vatter hed äs Büech g'ha, wo seligi G'schichtä dri g'standä sind, und het vill dri g'läsä.
Nikolaus Albert, 75 J. alt, Seedorf
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.