Drei Männer vom Geschlechte Gamma1 ab der Geissplatte zu Göschenen hatten oft ein nächtliches Licht beobachtet, das hoch oben in einer Felsenwand ob Wyggen blinkte. Sie suchten die Stelle auf und fanden eine grosse geräumige Höhle, die Sandbalm, und in deren Innerem einen mächtig grossen, prächtigen, schwarzen Kristall, der viele tausend Franken wert war. Voll Freude kehrten sie heim, holten Werkzeuge und machten sich an die Arbeit, den Kristall zu heben. In der Höhle rauschte es auffallend. Im Übermut sprachen die drei Gesellen zu einander: »Jetzt brauchen wir des Herrgotts Licht nicht mehr!«, vermachten den Eingang der Höhle mit Brettern und Decken und verwehrten es dem lichten Tag, da hineinzuschauen. Als sie dann in ihrer Arbeit vertieft waren, wurde das Rauschen stärker, am Eingang der Balm ging ein abscheuliches Gepolter auf, und in den Brettern rasselte und zerrte es. »Wer ist da?« riefen die Arbeiter, »hier hat niemand etwas zu suchen und zu befehlen, hier sind wir Meister!« Und sie klopften und pickelten weiter. Wieder rauscht es so geheimnisvoll, und vor der Höhle poltert und kracht es, als ob hundert Felsblöcke heranrollen würden. Der Schrecken schliesst den frechen Strahlern den Mund, dass sie kein Wörtlein mehr zu einander sprechen. Endlich ermannen sie sich und suchen den Eingang auf. Aber der ist jetzt hoch mit Steinen und Schutt geschlossen; sie sind nicht imstande, die ofengrossen Felsblöcke zu entfernen; zu Hilfe kommt niemand, denn sie hatten ihren Gang geheim gehalten. Die drei Gesellen sahen des Herrgotts Licht nie mehr und verhungerten elend in der Höhle.
Jos. Maria Lyrer, 40 J. alt
Fußnoten
1 Glieder dieser Familie wollen nichts davon wissen, dass ihren Vorfahren je so etwas begegnete.
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.