1. Die Familie im Restig zu Spiringen guckte eines Tages mit ihrem Fernrohr auf die gegenüber liegende Talseite hinüber. Da erspähten sie ein Wybervölchli im Sonntagsstaat, mit rotem Röcklein oder wenigstens mit roter Fürscheibe (meine Erzählerin weiss es nicht mehr genau), das im Stüdäweidli gegen das Seld hinauf sich bewegte, dort einige Augenblicke in das Gädemli hinein verschwand und, als es wieder zum Vorschein kam, in das Reckholtern hinüber ging und dort an einer Stelle unterhalb des Häuschens eine kleine Weile sich erstellte, worauf es dann verschwand. An jener Stelle löste sich einige Tage später ein Erdschlipf und fuhr in den Schächenbach hinunter; seitdem ist es da nie mehr ruhig geworden; die Brächä dehnt sich alle Jahre weiter aus und frisst immer mehr um sich; vor einigen Jahren musste man das Häuschen im Reckholtern abtragen, um es nicht dem gefrässigen Element als Beute zu opfern.
Als das Wybervölchli durch das Stüdäweidli hinauf marschierte, meinten die Beobachter, jemand von den Leuten im Seld komme als Pate von einer Taufeten her, und fragten sich: »Weeles hed ächt da miässa hibsch sy?« (19. Jahrh.)
Barbara Gisler, 90 J. alt
2. In der Brächä im Palanggätobel bei Seedorf hat man einmal ein Wybervölchli beobachtet. Bald hernach wurde es »leid« und löste sich ein gewaltiger Erdschlipf los, der dem Tobel zufuhr.
Josef Maria Brand, Seedorf, 70 J. alt
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.