Vor bald 100 Jahren war's, da hatten Fygstuehlers zu Schattdorf in ihrer Wiese »ä ganzä Schibel Heiw liget's.« Das war schon dürr, und vom wolkenlosen Himmel sandte die gute Sonne den fleissigen Schattdorfern ihre wärmsten und hellsten Strahlen. Gegen Mittag begannen die Leute mit dem Wenden des Heu's. Jetzt sprach in einem Nachbarhause jenseits des Dorfbaches, das heute die Wirtschaft zum Tellen ist, eine Weibsperson zur andern: »Lüegä mecht-i etz doch, wiä ds Fygstüehlers z'wäggzapplä tätet, wennd äso uf einisch ä Sprutz Rägä chämt.« »Das cha-n-ich scho machä,« platzte rasch die andere heraus. Es war Spitalvogt Arnolds Tochter von Altdorf, die bei ihrer Base, Frau Schellhammer, weilte, ein »Heegerli« (mit einem Höcker), sonst ein ganz ordliches Fräulein, braver und reicher Eltern Tochter. Wirklich dauerte es nicht lange, so bildete sich über Fygstuehlers Matte, und nur über dieser, eine schwarze Wolke, und ein Regenschauer fiel nieder und feuchtete das ganze Heu an, so dass sie das Eintragen desselben bis gegen Sonnenuntergang aufschieben mussten. Das vernahm aber der wachsame, anschlägige Ortspfarrer, b'schickte und examinierte das Fräulein. Ganz zerknirscht bekannte es seine Missetat; es hatte nicht geglaubt, etwas Böses zu tun. Den angerichteten Schaden ersetzte es.
»Ähnliche Künste konnten sie früher machen, ohne zu sündigen, einfach durch Sympathie,« glaubt meine Erzählerin.
Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt; Franz Zgraggen, in der Blewi
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.