»Als ich eines Morgens – ich war damals so ein Schulmeitli – die Geissen gegen die Kilchberge hinauftrieb und mit ihnen die Mäuseplatten erreicht hatte, wollten deren zwei, die mir immer zunächst waren, nicht mehr weiter und schneuzten und pfiffen durch die Nase und hennd eißter äso pfnätzget. Ich schaute in der Gegend herum, und da kam so eine alte, schwarze, unheimelige Weibsgestalt durch das Gestrüpp herauf und eilte mir voran bergwärts. An ihrem Rücken hing ein Körbchen, und ihre Hand war mit einem Stock bewaffnet. Ich trieb meine Tiere vorwärts gegen den Windgällen auf die gewohnte Weide. Aber am Abend gaben jene zwei, die so geschneuzt hatten, rote Milch, und über den Windgällen und den Pfaffen und über Sewlialp entlud sich ein furchtbares Hagelwetter und brachte eine mächtige Rübi durch das Evibachtal hinunter.
Später vernahmen wir, dass diese alte Hexe – Gott b'hiät-is – an jenem Tage über Sewli und über die Männdlisplangg und das Furggeli bis ins Griestal hinüber gewandert, ja sogar, wie uns Schächentaler und der Leng-Bartli von Glarus mitteilten, die am Herbst mit Walenvieh über den Gotthard zogen, über den Märcherboden nach Glarus hinüber. Aber die Glarner haben sie gepackt und verbrannt.«
Frau Gerig-Münsch, 91 J. alt, Silenen
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.