1. Zu Flüelen in Ratsherr Muheimen Haus kam eine alte Hexe und bettelte Milch. Es war im Augenblick den Leuten unmöglich, ihrer Bitte zu willfahren, und sie wollten das Weib freundlich verabschieden und auf ein anderes Mal vertrösten. Da kam aber gerade der Vater aus der Kammer herab, erblickte und erkannte die Hexe, ergriff schnell den Grissbesen und stellte ihn »zunderobsi« (mit dem Wischer obenauf) in den Hausgang. Aber woll! düe het's g'rickt! Wie ein Büchsenschuss fuhr das Weibsbild zum Hause hinaus. Aber verwünscht und verflucht hat es die Leute auch und ihre Habe, dass sie glaubten, die Fährlisau im Stalle müsse noch verderben.
Kath. Arnold-Muheim, 90 J. alt
2. Im Pfarrgarten zu Seedorf gab es vor etwa sechs oder sieben Jahrzehnten sehr viele Graswürmer, die sich namentlich am zarten Kabis gütlich taten. Da rieten die gutmeinenden Seedorfer der »Heerämagd«, einen Besen zunderobsi in den Garten zu stellen. Ob sie den Rat befolgt, ist nicht bekannt geworden.
3. Ein der Hexerei verdächtiges Weibervolk zu Andermatt holte jeweilen in einem bestimmten Hause die Milch. Da wurde diesen Leuten mitgeteilt, äs syg da mit dem Wybervolch nitt ganz sübers. Um die Hexe zu probieren, stellten sie darum eines Abends, bevor sie kam, im Hausgang einen Besen verkehrt an die Wand. Als dann die Hexe kam und schüchtern die Haustüre aufmachte, riefen sie ihr, die Milch sei noch nicht da, sie müsse noch ein wenig warten. Aber die Hexe, die nur einen scheuen Blick in das Haus warf und den Besen erblickte, sagte: »I müess gah; i müess gah; i cha nitt wartä!« machte sich schleunigst davon und kam nie mehr.
M. Anna Schmid, 77 J. alt, Hospental
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.