Die Pest im Reusstal

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

a) Als im Jahre 1629 im Lande Uri die Pest viele Menschenleben dahinraffte, soll in Gurtnellen eine alte Jungfer (zu Ryttigen) in einer Woche (Nacht) neun (zwölf) Trinkelkühe ererbt haben. Diese Jungfrau habe dann viel gebetet und Gutes getan durch Almosen und andere Liebesdienste.

Florin Kindli im Archiv Bd. XII, S. 210 und auch mündlich.

b) Eines Abends habe man im Tangel-Landgut an der Reuss eine Stimme aus den Lüften rufen hören:

Esset Enzian, Strenzen und Bibernell,
So sterbet ihr nicht so schnell.

Das habe man dann befolgt, und es seien von da an nur wenige Personen mehr an dieser schrecklichen Krankheit gestorben.

L.c.

Der Spruch lautet auch:

Ässet Änzä, Stränzä und wyssi Pumpernällä,
Susch stirbt das halbe Gurtnällä.

Oder:

So stirbt niämmer meh uf Gurtnällä.

c) Gurtnellen sei in Uri die letzte Gemeinde gewesen, die vom Beulentod heimgesucht worden. Sie sei ausgestorben bis auf zwei alte Meitli. – Trotz den Enzen und Strenzen und Bibernell! Um Widersprüche scheint sich Frau Sage nicht zu kümmern; sie ist eben auch ein Weibervolk mit langem Haar und kurzem Sinn. – Die Leute bekamen drei schwarze Beulen und waren in drei Tagen eine Leiche.

Mündlich a.d. Gegend

d) Oft trugen sie die Pestkranken noch lebend zum Friedhof, so einmal ein noch junges, hübsches Mädchen. Zu Meitschligen beim Steg begegnete ihnen des Mädchens Geliebter, ein Senn, der aus Fellenen kam, und der forderte es ihnen ab, er nahm es auf den Rücken, trug es heim und heiratete es in der Folge.

Karl Walker

e) Auf dem Wasen bei Göschenen seien innerhalb einer Woche Vater, Mutter und sechs Kinder gestorben, soll in einer alten Chronik zu lesen sein.

f) Einst wanderten der Tod und seine Frau, die Tötin, durch das Reusstal hinauf. Bei Meitschligen blickte die letztere gegen den Gurtneller Berg hinauf und merkte, dass es da sehr viele alte Leute habe. Sie ballte ihre Fäuste gegen den Berg und rief: »Wartet nur, iähr altä Chremäsä, ych wil-i scho appäwischä.« Aber der Tod meinte: »Ja, wennd-si Chralläberri ässet, channsch-nä dü nyt a'tüe.« Sie stritten laut miteinander, so dass ein Mann im Tangel jenseits der Reuss es hörte. Bald kam der Beulentod, und es starben viele Leute, auch auf dem Berg. Da erinnerte sich jener Mann des Zwiegespräches und sagte den Leuten, sie sollten Korallenbeeren essen. Die es taten, blieben vom Tode verschont.

Christina Exer

g) Zu Meitschligen in einem alten Hause übernachtete ein unbekanntes Pärchen. Die Leute hörten sie laut miteinander »zättiärä« und horchten. Sie merkten, dass es der Tod und die Tötin waren. Diese stritten miteinander, welches von beiden den Gurtneller Berg heimsuchen müsse. Endlich sagte die Tötin: »Wenn ich da üfä müess, sä wischi-n-i de, bis gwischt isch!« Bald hernach begann der Beulentod seine Schreckensherrschaft.

Frau Indergand

h) Sie wollten die vermeintliche Leiche eines Mädchens von Gurtnellen auf den Friedhof in Silenen verbringen. Im Tangel fiel ihnen der Schlitten um, und das Mädchen bekam an einem scharfen Stein ein grosses Loch im Kopf und fing an zu bluten. Es lebte und wurde gesund. Seitdem fingen sie an, den Verstorbenen Blut herauszulassen.

Frau Jauch

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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