Salve Regina, 1388

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Der Ritter Hans von Wilberg zog mit aus zur Schlacht bei Näfels. Seine einzige Tochter Gutta bat ihn mit schlimmen Ahnungen, er solle nur diesmal dem blutigen Ringen fernbleiben. Doch es geschah vergeblich; denn die Wilberger kannten keine Furcht.

Am folgenden Abend aber, als Gutta zur Himmelskönigin betete, erklang das Glöcklein von selbst; das Schlosstor sprang auf, und der Ritter sprengte herein als ein Toter mit klaffender Wunde. Er segnete seine Tochter und verschwand wieder, wie er gekommen war. Mit ihm war das Geschlecht der Wilberger erloschen.
Gutta nun vermachte ihr Besitztum der Kirche von Wil und bat, dass man jeden Abend um sechs Uhr die Glocke läute und ein Salve Regina singe, zu dem sie sich selbst auch einfand, bis sie einst, wieder genau zu dieser Stunde, in die Schar der Seligen aufgenommen wurde.

Die Burg selbst wurde von den Appenzellern (1408) gebrochen, und vergebens sucht man heute ihre Spuren.
Der Küster war angewiesen, die Glocke zu läuten, bis das fromme Fräulein die Kirche betrat; dann schwieg das Geläute, und der Gesang begann. Aber eines Abends tönte die Glocke schon ziemlich lange über die gewohnte Zeit, und das Fräulein erschien immer noch nicht und erschien niemals mehr. Es lag tot in der verlassenen Burg der Väter, und das Geschlecht der Wilberger war erloschen. Wie die sechste Stunde schlug, war der Feierabend ihres Lebens sanft herangeschritten und die Salveglocke ihr Sterbeglöcklein geworden. Die Erzählung der alten Dienerin, das Marienbild ob dem Haupte der Sterbenden habe ein mildes Licht auf das brechende Auge ergossen, fand allgemein willigen Glauben.

Die Bronschhofer massten sich die Gegend des Schlosses widerrechtlich als Allmende an; aber Abt Ulrich führte den Weinbau ein und behauptete das Land im Rechtsstreite gegenüber den Bronschhofern. Wahrscheinlich mussten die Steine der Burg zum Gemäuer der Torkelhütten dienen; 1505 sah man noch einige Trümmer „an dem Wege, da man gat nach Bronschhofen," dem jetzigen Wege durch die Reben. Diese Trümmer waren die Burg Wilberg. Jetzt sind auch diese verschwunden. Wer über ihnen wächst ein Wein, der Feuer und Kampslust jener Ritter geerbt zu haben scheint und dem Namen der Wilberger alle Ehre macht.      
C. G. I. Sailer, Chronik.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 486, S. 285

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)