Pest, 1565 - 69 (Mosnang, SG)

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Im Jahre 1565 wütete eine leidige Pestilenz so grausam, dass im Dorfe Mosnang nur noch 93 Personen übrig geblieben, 30, die Gott vor so schrecklichem Übel in Gnaden verschonet, 33, die zwar von der leidigen Pest überfallen worden, jedoch wieder frisch und gesund aufgestanden sind, und 30 waren so schwach, dass man sie nie verlassen durfte, so dass man nicht wusste, welche zuerst sterben würde. Diese ansteckende pestilenzische Seuche dauerte etliche Jahre, und jedes Jahr beiläufig zwei bis drei Monate, während welcher Zeit der wohlehrwürdige Herr Bartholomä Fust, Pfarrer in hier, und mit ihm aus dem Dorfe Mosnang allein ungefähr 230 Personen starben.

Von St. Verena-Tag 1565 bis aus die Kirchweihe 1569 sind nicht weniger als 528 Leute diesem Übel erlegen, nach damaliger Volkszahl beinahe die Hälfte der Pfarrkinder. Desgleichen ist auch der Hw. Herr Pfarrer Jakob Philipp Stössel samt seinen Mesnern von dieser Krankheit ergriffen worden. Von diesen Mesnern sind vier in einem Monat gestorben und zwei andere auch schon sehr krank gelegen, aber durch Gottes Hilfe wieder gesund geworden. Doch ist einem von diesen beiden auch schon der Totenbaum gemacht worden, weil er für tot gehalten wurde; er hat jedoch nachher noch etliche Jahre gelebt.

Das Übel war so gross und das Sterben so viel, dass die Leute aus der Gemeinde Mosnang nirgends hin haben wandeln dürfen; man floh sie auf allen Strassen und Märkten; in den Städten und auf dem Lande wurden sie, wie die Siechen und Aussätzigen, von jedermann abgesondert. Denn solche Pest war ganz neu und bei Mannsdenken und länger kein solches Sterben gewesen. Anno 1565 ist diese leidige Sucht und dies vielfach grausame Sterben auch in das Libinger Gebirg und nach Halden gekommen. Dort sind von etlichen und 40 Personen nur noch zwei Kinder übrig geblieben, und eines ist geflüchtet worden, das später dennoch an der Pest gestorben. Diese leidige Pestilenz hat zu Halden, Engelbolgen, Vettigen, auf dem Stein, zu Libingen und der Orten so grausam zugenommen, dass der, Pfarrherr und Mesner einen halben Tag und eine ganze Nacht ohne Aufhören mit den heil. Sterbsakramenten zu den Kranken gehen mussten, so dass etliche während der heiligen Handlung gestorben sind.

Nun ist zu wissen, dass der wohlehrwürdige Herr Pfarrer Jakob Philipp Stössel mit Bewilligung und herzlichem Verloben der ganzen Gemeinde Mosnang drei Kreuzgänge mit ausgespannten Armen (in möglichst wahrer Andacht) um das Dorf auf alle vier Strassen angelobet, welche nun fürderhin und zu ewigen Zeiten ein jeder Pfarrer schuldig ist, jährlich von der Kanzel zu verkünden, den ersten am Freitag vor St. Gallentag, getreulich zu verrichten. Und sollte die Witterung an einem der drei Freitage gar ungünstig sein, sollen die Andachtsübungen in der Kirche gehalten werden. Das Pfarrvolk ist alljährlich allen Ernstes zu ermahnen, dass selbes dem Gelübde und Versprechen ebenfalls getreulich nachkomme, damit die allerheiligste Dreifaltigkeit auf die Fürbitte der jungfräulichen Mutter Maria, der hl. Kirch- und Gemeindepatronen Georg und Theodul, des hl, Sebastian und aller lieben Heiligen die ganze Gemeinde und die gesamte Christenheit vor solch trübevollen Zeiten, grossem und gemeinem Elend jetzt und zu aller Zeit gnädigst beschützen, beschirmen und bewahren wolle. Amen.

Aus dem Büchlein: "Andachtsübungen bei den drei Bitt- und Bußgängen auf alle vier Straßen für die Pfarrkinder zu Mosnang" von Pfarrer Heinrich.                                                 
Durch J. Moser. 

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 451, S. 265

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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