Ein Ungläubiger stand bei einer Prozession neben dem Wege und gab den frommen Betern Ärgernis durch seinen Spott. Ein Mann trat auf ihn zu, schlug ihn leicht auf die Schulter und sprach: „Da hast du eins!" Der Zug bewegte sich weiter; aber der Spötter konnte nicht mehr von der Stelle kommen. Man musste ihn nach Hause tragen. Dort gewahrte man, dass er ein Messer im Knie stecken hatte; das schlimmste aber war, dass ihn niemand davon befreien konnte.
Nun gab jemand dem Armen den Rat, er soll sich bei der nächsten Prozession wieder an die gleiche Stelle tragen lassen, soll dann aber gläubig mitbeten. Das geschah, und nun kam der gleiche Mann wieder auf ihn zu, schlug ihm wieder auf die Schulter, und nun war auch schon das Messer weg und der Bann gebrochen.
(Mündlich)
***
Diese Sage hat augenscheinliche Wandlungen durchgemacht; die Kirche hat sie in ihren Dienst gezogen. Im Vorarlberg ist es das Nachtvolk, das auf diese Weise den Vorwitz bestraft. Ein Mann schaute im kleinen Walsertal dem nächtlichen Tanz des Nachtvolkes zu. Die Tänzer verschwinden; der letzte aber steckt seinen Schnetzer in die Oberschwelle der Türe. Da steckt er schon im Knie des Vorwitzigen. Dieser trägt ihn ein Jahr lang hinkend mit sich herum. Dann kommt das Nachtvolk wieder, und er schaut wieder dem Treiben zu. In der Morgenfrühe verschwindet es, und der letzte sagt: „Will doch mein Messer wieder mitlassen."
(Vonbun)
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 370, S. 209
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.